Iran droht Israel mit Vergeltung

von Redaktion

VON M. SCHMITT & A. BÄNSCH

Teheran/Damaskus – Am Montag waren bei einem Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen iranischen Revolutionsgarden (IRGC) getötet worden. Die 1979 gegründeten IRGC sind Irans Elitestreitmacht, die einen möglichen Sturz des Regimes verhindern und die Staatsideologie schützen soll. Bei den Generälen handelte es sich um Mohammed-Resa Sahedi und seinen Stellvertreter Mohammed Hadi Hadschi Rahimi.

Für den Iran gibt es keine Zweifel, dass Israel verantwortlich ist. „Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden. Wir werden dafür sorgen, dass sie dieses und ähnliche Verbrechen bereuen, so Gott will“, sagte Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei am Dienstag. Religionsführer Chamenei ist der mächtigste Mann im Iran und zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Auch Irans Präsident Ebrahim Raisi drohte Israel mit Konsequenzen und bezeichnete den Angriff als „terroristisches Verbrechen“. Ein israelischer Militärsprecher sagte, man kommentiere keine Berichte in ausländischen Medien.

Wie und wann Irans Staatsmacht reagiert, ist völlig offen. Beobachter gehen davon aus, dass eine militärische Aktion der eigenen Streitkräfte erfolgen wird und nicht über eine der mit dem Iran verbündeten Milizen. So könnte Teheran israelische Ziele in der Region attackieren. Dass Irans Revolutionsgarden Israel direkt angreifen und damit einen regionalen Krieg riskieren, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Mitte Januar hatte der Iran als Vergeltung für die Tötung eines hochrangigen IRGC-Offiziers Ende Dezember Raketen auf Ziele im Irak und Syrien abgefeuert. Dabei soll im Nordirak unter anderem ein Geschäftsmann getötet worden sein, dem laut iranischen Medien Verbindungen zu Israel unterstellt wurden. Die Raketen flogen damals rund 1200 Kilometer weit – in etwa die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Iran aus benötigen, um Tel Aviv oder Jerusalem zu erreichen. Auch diesmal könnte der Iran so seine Drohgebärde gegen Israel aufrechterhalten. Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger sagte dem Sender NTV, möglich sei auch, dass der Iran US-Ziele in der Region ins Visier nehme.

Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss im Land ausweiten.

Beobachter sehen in dem Angriff eine neue Qualität, da das Botschaftsgelände iranischen Boden repräsentiert. Das saudische Außenministerium erklärte am Dienstag, Angriffe auf diplomatische Einrichtungen stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar. Ägypten äußerte sich ähnlich. Das Golfemirat Katar nannte den Angriff einen „eklatanten Verstoß“ gegen internationale Abkommen und Konventionen.

Botschaften und Konsulate stehen im Völkerrecht unter besonderem Schutz. Die Wiener Konvention für diplomatische Beziehungen von 1961 sieht die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten einer diplomatischen Vertretung vor. Im aktuellen Fall muss Syrien als Empfangsland für die Sicherheit des Konsulats des Entsendestaats Iran sorgen. Was passiert, wenn ein Drittstaat die Immunität einer Botschaft verletzt, ist in der Wiener Konvention nicht explizit geregelt. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte am Dienstagabend den Angriff. Das „Prinzip der Unantastbarkeit“ von diplomatischen und konsularischen Einrichtungen müsse eingehalten werden. Guterres rief alle Beteiligten zu größtmöglicher Zurückhaltung auf.

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