Seit Langem muss es im Bundesverteidigungsminister mächtig brodeln. Jetzt ist Boris Pistorius auch (halb-)öffentlich der Kragen geplatzt. „Ich muss das hier nicht machen“, brach es bei einem Treffen mit Koalitionspolitikern aus dem SPD-Minister heraus. Sein Zorn ist nur zu verständlich: Ausgerechnet der Zeitenwende-Minister, der angesichts der neuen Kriegsrealität in Europa die Sicherheit der Bundesbürger garantieren soll, muss sich in der Regierung herumschubsen lassen wie ein dummer Schulbub. Kein Geld für die Bundeswehr zu Lasten des Sozialhaushalts, tönt es aus dem Mützenich-Flügel seiner SPD. Keine neuen Schulden, sagt FDP-Finanzminister Lindner. Und jetzt hat auch noch der Kanzler den Verteidigungsminister und Parteifreund mit einer klaren Spar-Ansage öffentlich düpiert. Um 6,5 Milliarden Euro wollte Pistorius seinen 52-Milliarden-Etat aufstocken, um auf die neue Bedrohung aus dem Osten zu reagieren.
Sind alle Schwüre, Deutschland werde für seine Verteidigung mehr Geld in die Hand nehmen, tatsächlich schon wieder vergessen? Zu einer Priorisierung der zur Verfügung stehenden Mittel – weg von Sozialleistungen mit der Gießkanne, hin zu mehr Wehrbereitschaft gegenüber der Gefahr durch Putin – ist die zerstrittene Ampelkoalition nicht mehr in der Lage. So wie Deutschland und Europa die Ukraine bei der Lieferung dringend benötigter Waffen im Regen stehen ließen, mit erkennbar schlimmen Folgen, knausert die Regierung jetzt auch bei der Ertüchtigung der eigenen Bundeswehr.
Für Pistorius ist das demütigend: Ausgerechnet er, der in allen Umfragen haushoch führende populärste Politiker des Landes, kann sich nicht durchsetzen, wird vom eigenen Kanzler kurzgehalten. Olaf Scholz fürchtet den Rivalen, will ihm Erfolge nicht gönnen, vor allem will er sich aber nicht mit dem linken SPD-Flügel anlegen und das Bürgergeld kürzen. Und die FDP? Die kämpft nur noch ums eigene Überleben. Doch Pistorius kann, obwohl selbst schon 64, warten. Spätestens 2025 dürften die Wähler die alte SPD-Garde um Mützenich und Scholz abserviert haben. Dann kann die neue SPD-Führung es beim zweiten Rendezvous mit der Zeitenwende mit Unterstützung der Union besser machen.Georg.Anastasiadis@ovb.net