Warnungen vor zu viel Protektionismus

von Redaktion

Mit Strafzöllen gehen die USA gegen China vor, auch Europa ist betroffen – Wie soll die EU darauf reagieren?

Neue Zölle für China: Roboter in Wuhan arbeiten in einer Schweißwerkstatt einer chinesischen Elektroautomarke. © dpa

München – Es war ein erstaunlich idyllisches Ambiente, um so harte Schritte zu verkünden: Joe Biden stand am Dienstag im Garten des Weißen Hauses, im Hintergrund zwitscherten die Vögel. Doch die Worte des US-Präsidenten passten gar nicht dazu. China wolle im Handel „betrügen“ statt im Wettbewerb zu konkurrieren. „Wir werden nicht zulassen, dass China unseren Markt überschwemmt und es den amerikanischen Autoherstellern unmöglich macht, fair zu konkurrieren.“ Die USA verhängen deshalb Zölle gegen das Land, die auch Europa treffen.

Die Frage ist nun, wie Europa darauf reagieren soll. Die EU-Kommission hatte bereits Ende 2023 eine Untersuchung gegen China wegen illegaler Subventionen für Elektroautos eingeleitet. Sollte diese ergeben, dass Peking gegen internationales Handelsrecht verstößt, könnte auch Brüssel Strafzölle auf chinesische Fahrzeuge erheben. Bundeskanzler Olaf Scholz mahnt jedoch zur Vorsicht. „Europäische Hersteller sind erfolgreich auf dem chinesischen Markt“, sagt der Bundeskanzler. Zudem kämen 50 Prozent der aus China importierten Elektroautos von westlichen Marken, die dort produzieren. „Protektionismus macht am Ende alles nur teurer. Was wir brauchen, ist ein fairer und ein freier Welthandel. Das will ich gerade in diesen Tagen sagen.“

Damit hat er beispielsweise BMW-Chef Oliver Zipse auf seiner Seite. Man könne sich da schnell „ins Knie schießen“, mahnt er. Auch der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, warnt vor protektionistischen Schritten. Am Ende werde alles teurer „und die Verlierer sind die Marktteilnehmer, Verbraucher, wie Unternehmen“.

Allerdings: Ursula von der Leyen klang unlängst ganz anders, nachdem sie sich in Paris mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron getroffen hatte. „Wir werden unsere Firmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen, wir werden nie zögern, das zu tun, wenn das nötig ist“, sagte die deutsche Kommissionspräsidentin.

Wie umfangreich die US-Entscheidung ist, zeigt ein Blick auf die Details: Für Solarzellen steigen die Zölle in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent. Die chinesischen Produktionskapazitäten in dem Bereich seien auf dem Weg, doppelt so hoch wie die kurzfristig erwartete globale Nachfrage zu sein, warnt die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, Lael Brainard. Auch dies gehe auf unfaire Praktiken zurück. In jedem Produktionsschritt kontrolliere China mehr als 70 Prozent der globalen Kapazität – und das gefährde die Versorgungssicherheit. In Deutschland schloss in Sachsen die Solar-Firma Meyer Burger ihren Produktionsstandort mit dem ausdrücklichen Verweis auf den Preisdruck aus Fernost.

Auch die Zölle für Halbleiter sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips – aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten zum Einsatz kommt. Biden nimmt zugleich 39 Milliarden Dollar in die Hand, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Für Hafenkräne, die Schiffe be- und entladen, werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Zuletzt gab es Warnungen, die in China gebaute Technik könne die Gefahr von Spionage oder Sabotage bergen. Auch für Medizinprodukte gibt es höhere Hürden: Für Spritzen und Nadeln wird neu ein Zoll von 50 Prozent eingeführt. Für einige Schutzmasken steigen die Zölle von bislang maximal 7,5 Prozent auf 25 Prozent. Ähnlich ist es für einige Produkte aus Stahl und Aluminium sowie Lithium-Ionen-Akkus.
MIK/DPA

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