Rumpel-Start für den Klinik-Check

von Redaktion

Der Minister und sein Transparenz-Projekt: Karl Lauterbach (SPD) stellt den Bundes-Klinik-Atlas vor. Nicht alle sind davon begeistert. © Soeren Stache/dpa

Berlin/München – Es ist fast wie ein Countdown für einen neuen Trend-Artikel: Erst zum Zeitpunkt, an dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor die Presse tritt, wird die Webseite freigeschaltet. Das Produkt, das so heiß umworben wird, ist der Bundes-Klinik-Atlas. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Online-Portal zur Übersicht aller deutschen Krankenhäuser – fast 1700 sind es. Lauterbach bewirbt den Klinik-Atlas als „einen übersichtlichen Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel in Deutschland“. Er kündigt an: „Mit wenigen Klicks können Sie Kliniken vergleichen und in Ihrer Nähe die beste Klinik finden.“

Hat man den Klinik-Atlas online einmal gefunden (www.bundes-klinik-atlas.de), kann in einem Suchfeld die Krankheit und der Ort eingegeben werden. Dann werden alle Krankenhäuser in der Umgebung angezeigt, die dieses Krankheitsbild behandeln. Dabei ordnet eine farbliche Skala ein, wie viele Behandlungen dieser Art pro Jahr vollzogen worden sind und wie es um die Personalsituation im Haus steht. Je weiter die Nadel nach rechts ausschlägt, desto besser. Außerdem können die Trägerform, Bettenanzahl, Fachabteilungen und vorhandenen Zertifikate eingesehen werden.

Für Bayern stehen 293 Krankenhäuser mit insgesamt rund 50 000 Pflegekräften zur Auswahl (bundesweit: 324 000). Möchte sich beispielsweise ein Patient aus Wolfratshausen seine Kniegelenk-Arthrose behandeln lassen, werden ihm im Umkreis von 50 Kilometern 45 Kliniken angezeigt. Sortiert man nach der Anzahl der Behandlungen dieser Art, wird die Sana Klinik München angezeigt. Behandlungsfälle: sehr viele (1738 pro Jahr), Pflegepersonalquotient, also die Zahl Patienten pro Pflegekraft unter Berücksichtigung der Fallschwere: überdurchschnittlich (43). Sortiert man nach Entfernung, landet die Kreisklinik Wolfratshausen an erster Stelle. Behandlungsfälle: viele (168 im Jahr), Pflegepersonalquotient: unterdurchschnittlich (53,85). Insgesamt lassen sich auf dem Klinik-Portal zehn Einrichtungen vergleichen – je nach angegebenen Bedürfnissen.

Lauterbach preist das Portal als Entscheidungshilfe. „Die allermeisten Patienten haben keine Idee, welche Klinik besonders für ihre Krankheit geeignet ist“, erklärt er. Doch sofort hagelt es Kritik. Auch dem Freistaat sei „Transparenz über die Leistungen der Krankenhäuser ein wichtiges Anliegen“, sagt Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). „Aber ein entsprechendes Verzeichnis muss handwerklich sauber umgesetzt werden.“ Was für die Nutzer ebenso ärgerlich ist: Das mit viel Trara vorgestellte Portal fällt am Freitagabend gleich mal zeitweise aus, wohl überlastet. In den ersten drei Stunden gab es laut Ministerium mehr als fünf Millionen Zugriffe.

Zudem besteht unter kleineren Kliniken die Sorge, durch die Kategorisierung Patienten verlieren zu können. „Es ist nicht so, dass immer automatisch die großen Kliniken die Gewinner sind“, kontert Lauterbach. „Es gibt kleine Kliniken, die sind sehr spezialisiert.“ Er listet ein Beispiel aus Berlin auf. So gebe es im Großraum 48 Krankenhäuser, die Darmkrebs-Operationen machten, aber nur 18 davon seien als Spezialzentren zertifiziert. Bei einer schweren Darmkrankheit bei Kindern gebe es Kliniken, die OPs mehr als 70 Mal im Jahr machten, andere aber nur vier. Es gebe eben „riesige Unterschiede auf kleinster Fläche“, sagte der Minister.

Neu erfunden hat Lauterbach das Rad nicht. Auch die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft stellt bereits ein solches Portal zur Verfügung. Wirklich einfach zu handhaben ist das allerdings nicht. In einem zweiten Schritt sollen zudem in Lauterbachs Krankenhaus-Atlas auch Komplikationen bei Eingriffen eingepflegt werden – das dürfte dann nicht allen Kliniken gefallen.

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