Es ist Tag 229 nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel, als sich Europa in der Frage nach einer Lösung für Nahost spaltet – taktisch, diplomatisch, moralisch. Norwegen sowie die beiden EU-Länder Irland und Spanien werden Palästina als eigenen Staat anerkennen, Slowenien und Malta wollen folgen. Das Vorpreschen stößt in Deutschland und Frankreich auf Kritik: nicht wegen der Sache selbst, mehr wegen des Zeitpunktes. Noch seien in den palästinensischen Gebieten die Bedingungen für einen Staat nicht gegeben, heißt es. Aus Israel kommt sogar der Vorwurf, man belohne die Hamas für ihren Terror am 7. Oktober.
Dabei haben Oslo, Dublin und Madrid klargestellt, dass die Hamas nicht das palästinensische Volk ist. Vielmehr wird das diplomatische Feld für eine Zweistaatenlösung geebnet – und diese untergräbt wiederum das Ziel der Hamas, einen islamischen Staat „vom Fluss bis zum Meer“ zu errichten (also faktisch die Zerstörung Israels). Die Anerkennung Palästinas stärkt diejenigen in der Bevölkerung, die sich wünschen, in Frieden mit Israel zu leben. Sie soll den Palästinensern eine Perspektive für die Zukunft bieten.
Bereits jetzt erkennen 143 von 193 UN-Staaten die Unabhängigkeit Palästinas an. Nach dem Völkerrecht setzt ein Staat ein Volk, ein Gebiet und eine Staatsgewalt voraus. Tatsächlich sind die Grenzen zwischen Israel und den Palästinensern stark umstritten (da geht es etwa um den Status von Ost-Jerusalem). Zudem fehlt es an einer stabilen Regierung. Unklar aber auch, wie die Palästinenser angesichts der humanitären Katastrophe im Gazastreifen überhaupt eine Alternative zur Hamas-Verwaltung schaffen sollen. Der Vorstoß Norwegens, Irlands und Spaniens kann diesen Teufelskreis nicht durchbrechen. Aber er kann den Palästinensern signalisieren, dass auch sie ein Recht auf Frieden haben – und Israel, dass es keinen Frieden ohne einen palästinensischen Staat geben kann. redaktion@ovb.net