Abteilung Attacke übernimmt in der Ampel

von Redaktion

„Autist“ Scholz, „Neutrum“ Merkel: In der Bundespolitik wird der Umgangston sehr schrill

„Schlumpfig grinsen“: Olaf Scholz 2021 selbstironisch mit einer Figur. © Hoppe / dpa

Berlin/München – Die Geschichte mit dem Schlumpf zeigt: Olaf Scholz geht meist recht souverän mit Beleidigungen um. Es war 2021, der SPD-Mann gerade angehender Kanzlerkandidat, da herrschte ihn CSU-Chef Markus Söder an, er brauche hier „gar nicht so schlumpfig herumgrinsen“. Schlumpfig? Ein kleiner blauer Zwerg mit Knollennase? Statt beleidigt zu sein, philosophierte Scholz später im Fernsehen, er finde das „super – die sind klein, listig und gewinnen immer“. Beim nächsten Auftritt in München reckte er sogar einen kleinen Plastikschlumpf in die Kameras.

Später, schon im Amt, ließ Scholz den Merz-Anwurf „Klempner der Macht“ abperlen mit Hinweisen, wie wertvoll das Handwerk sei. Anderes, etwa die Beleidigungen eines ehemaligen ukrainischen Botschafters, saß er wortlos aus. Der Kanzler hat also Übung. „Ich zähle zu denjenigen, die es abkönnen, wenn andere mal ein bisschen ruppig werden“, sagt er mal. Jetzt aber wird es tatsächlich schrill. Aus seiner eigenen Koalition wird Scholz ein Krankheitsbild nachgesagt – er sei „Autist“.

Es kommt von der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die im Bundestag den Verteidigungsausschuss leitet und nun für Europa kandidiert. In einem Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte sie über Scholz: „Nach drei Jahren stelle ich fest, dass er geradezu autistische Züge hat, sowohl was seine sozialen Kontakte in die Politik betrifft als auch sein Unvermögen, den Bürgern sein Handeln zu erklären.“ Und weiter: „Das betrifft alle Belange und wird mir auch von seinen Parteifreunden bestätigt. Man erreicht ihn nicht, weil er ein krasser Rechthaber ist.“

In einer Koalition ist das ein extremer Affront. Zumal sich jüngst noch die demokratischen Parteien eine Art Verhaltenskodex für die kommenden Wahlkämpfe gegeben haben. Aus der SPD-Spitze kommt sehr scharfe Kritik an Strack-Zimmermann. „In Talkshows wird geschrien und beleidigt. Und nun erleben wir auch noch die Pathologisierung des Konkurrenten“, sagt Katarina Barley, die für die SPD zur Europawahl antritt. Da sei eine rote Linie überschritten. Die SPD würde lieber das Kanzler-Bild eines Mannes, der überlegt und dann besonnen handelt, zeichnen.

Auch Generalsekretär Kevin Kühnert nennt das respektlos. Und sieht System dahinter: „Bei Frau Strack-Zimmermann ist es längst zur Methode geworden, andere Meinungen unter Zuhilfenahme von Kraftausdrücken anzugreifen.“ Sollte sie wirklich ins EU-Parlament gewählt werden, werde sie dort „dem Ansehen der Bundesrepublik nicht zuträglich sein“.

Allerdings hat auch Kühnert selbst Ärger an den Hacken wegen einer missverständlichen Interview-Äußerung. Er hatte vergangene Woche gesagt, mit Scholz sitze „endlich kein Neutrum mehr im Kanzleramt“. Das war natürlich als Kritik an Angela Merkel (CDU) zu verstehen. Ob es eine „frauenfeindliche Entgleisung“ war, wie die CDU schimpft, oder auf fehlende politische Entscheidungen gemünzt war, ist strittig.

Klar ist: Das Klima in Berlin ist gestört, längst auch in der Ampel. Das gab es aber schon früher in Koalitionen. Die einstigen Partner CSU und FDP beschimpften sich 2010 als „Gurkentruppe“, „Quartalsspinner“ und „Wildsau“-Politiker im „altrömischen Cäsaren-Wahn“. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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