Eigentlich lässt jeder Künstler die Champagnerkorken knallen, wenn einer seiner Hits 25 Jahre nach Erscheinen noch einmal für Schlagzeilen sorgt. Über Aufmerksamkeit beschweren sich in aller Regel jedenfalls die wenigsten. Gigi D’Agostino ist in diesen Tagen allerdings überhaupt nicht nach Feiern zumute. Sein Lied „L‘amour toujours“, das eigentlich von Liebe und Lust am Leben erzählt, ist – ohne sein Wissen und sein Zutun – umgetextet und zu einer Hymne mit rassistischen Parolen („Ausländer raus“) geworden, die an erschreckend vielen Orten von Sylt bis nach Österreich gegrölt wird. Die Folgen sind, unter anderem: Auf der Wiesn wird es den Bands verboten sein, den Song zu spielen, und einige Radiosender nehmen ihn auch aus dem Programm. Hier allerdings wird es problematisch.
Dass Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner sich so eindeutig positioniert, ist richtig. Die Gefahr rassistischer Gesänge auf dem Oktoberfest, zumal in bierseliger Stimmung, ist zu groß, als dass man ihr nicht im Vorfeld begegnen müsste. Bilder wie jene auf Sylt aus einem Münchner Bierzelt wären eine Katastrophe. Radiosender aber haben ja „nur“ das völlig harmlose Originallied zum Abspielen zur Verfügung – und warum sollten sie das nicht tun? Wenn einer zu „L‘amour toujours“ daheim unter der Dusche „Ausländer raus“ singt, während es im Radio läuft – schlimm genug, aber nicht zu ändern.
Der italienische DJ Gigi D’Agostino, der überhaupt nichts dafür kann, dass sein Song gekapert wurde, hat die Behörden und die Gesellschaft aufgefordert, „das wahre Problem“ anzugehen – den zunehmenden Rassismus – und nicht über Verbote seines Liedes nachzudenken. Recht hat er. redaktion@ovb.net