Der getötete Polizist: Rouven L. wurde nur 29 Jahre alt. © X
Mannheim/München – Auf dem Marktplatz in Mannheim liegen Blumen, minütlich werden es mehr, Menschen kommen mit Grablichtern und selbst geschriebenen Zetteln. Auf einem stehen nur drei Worte, dazu ein Trauerflor: „Freund. Helfer. Held.“ An dieser Stelle wurde der junge Polizist Rouven L. (29) am Freitag von hinten niedergestochen und tödlich verletzt. Er hatte sein Leben dafür geopfert, den Messer-Anschlag eines Afghanen zu stoppen. Am Abend zog der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich.
Die Szenen der Trauer sind berührend, mehrfach kommen Polizisten und ganze Einheiten stumm vorbei, verharren für eine Minute am Tatort. Aus ganz Deutschland gibt es zudem Beileidsbekundungen, bis hinauf zum Kanzler. Doch über allem schwebt neben der Trauer und Verzweiflung eine Frage: Wird die Tat jenseits der juristischen Aufarbeitung Folgen haben in der Politik? Welche? Und wann?
Was Olaf Scholz (SPD) am Montag ankündigt, klingt vage. „Wir werden mit allem, was wir zur Verfügung haben, den Rechtsstaat und die Sicherheit verteidigen“, sagt er. Extremisten „müssen wissen, dass sie uns als ihre härtesten Gegner haben“. Konkrete Pläne gibt es in der Koalition aber wohl nicht. Über eine „Ausweitung von Messerverbotszonen“ in den Kommunen wird in der Spitze der SPD-Fraktion sinniert. Dass sich Täter wie der 25-jährige Afghane davon kaum stoppen lassen, ist freilich klar.
Die Union legt mehrere Forderungen für einen „Knallhart-Kurs“ vor, wie es Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gegenüber unserer Zeitung formuliert. Er fordert eine Verschärfung des Strafrechts mit „Mindestfreiheitsstrafen für Kalifats-Extremisten“. Der Bund müsse viel offensiver Sozialleistungen streichen und Aufenthaltstitel sowie doppelte Staatsbürgerschaften einkassieren. Dobrindt verlangt zudem mehr Einsatz gegen Hasspropaganda im Internet. Hintergrund hier ist, dass die Tat des Messerstechers in Videos im Internet noch gefeiert wurde.
„Deutschland darf kein Rückzugsraum für islamistische Terroristen, Hassprediger und religiöse Fanatiker sein“, sagt Dobrindt. Er verlangt vom Bund auch, die Abschiebungen von Extremisten nach Afghanistan und Syrien wiederaufzunehmen. Rückführungen nach Afghanistan sind seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban 2021 ausgesetzt. „Oberste Prämisse muss die Sicherheit unserer Gesellschaft in Deutschland sein, nicht der Schutz von Extremisten“, sagt der CSU-Politiker. Eine ähnliche Forderung kommt aus der CDU: Generalsekretär Carsten Linnemann verlangt die konsequente Abschiebung von Straftätern, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Dies müsse auch für Afghanistan gelten.
Die AfD ergänzt das mit der Forderung, die Zuwanderung aus Afghanistan generell zu stoppen und ab sofort wieder in das Land abzuschieben. Von den Grünen kommen keine konkreten Vorschläge. Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz appelliert aber eindringlich, endlich ernsthafter über die Gefahren durch Islamismus zu reden. „Es wird höchste Zeit für ehrliche Debatten ohne Naivität, ohne Scheuklappen.“ Bayaz argumentiert auch mit Blick auf die AfD: Der rechte Rand werde „dann stark, wenn man Populisten das Feld überlässt“.
Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, legt einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung vor: „Sexualstraftaten oder Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr sollten unmittelbar zur Beendigung des Asylverfahrens führen.“ Auch das Aufenthaltsrecht soll dann sofort enden. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER