„100 Millionen plus X“: Bayerns Hilfs-Pläne

von Redaktion

Sofortprogramm mit 5000 Euro pro überflutetem Haushalt – Bund soll Hälfte zurückzahlen

Markus Söder und Hubert Aiwanger. © Uwe Lein/dpa

München – Die Zahlen mit vielen Nullen, das Versprechen, keine Obergrenze zu kennen – es erinnert an die Zeit der Corona-Hilfen. Auch jetzt, angesichts der in vielen Orten verheerenden Flut, von Verzweiflung und zerstörten Existenzen packt Bayern wieder ein steuerfinanziertes Notprogramm aus. „100 Millionen plus X“ sagt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Sitzung seiner Minister zu. „Wir lassen niemanden allein.“

Tatsächlich orientiert sich das Hilfsprogramm an früheren Notlagen und damit an einem für Behörden unüblichen Vorgehen: Wer Schäden hat, kann sofort Hilfen beantragen und muss erst später nachweisen, welche Ausgaben und welche Zahlungen von Versicherungen auflaufen.

Im Detail: Privathaushalte bekommen bis zu 5000 Euro, bei Ölschäden bis zu 10 000. Ein Antrag beim Landratsamt genügt, möglich angeblich bereits heute. Wer die Chance hatte, sein Hab und Gut zu versichern, erhält 50 Prozent weniger. Für Firmen mit bis zu 500 Mitarbeitern werden bis zu 200 000 Euro Soforthilfe ausgezahlt, wenn es um unmittelbare Flutschäden am Bau geht. Hier wird das auf 50 Prozent (nicht versicherbare Fälle) oder 25 Prozent gedeckelt. Ähnlich läuft es bis 50 000 Euro für die Landwirtschaft und den Fischereisektor.

Es kommen noch Details dazu, etwa Steuer-Aufschub und -Absetzbarkeit. Für Extremfälle mit wirklich bedrohter Existenz kann die Hilfe sogar auf 100 Prozent (minus Versicherungsleistungen) steigen. Söder deutet an, mit den 100 Millionen vielleicht längst nicht alle Schäden abzudecken. Rein rechnerisch würde das ja für nur 20 000 Privathaushalte mit 5000 Euro reichen. Gleichzeitig setzt Bayern aber darauf, vom Bund die Hälfte wieder reinzuholen.

Vage Zusagen des Kanzlers gibt es. Söder setzt nun auf den bundesweiten Hochwasserfonds, der nach der Ahrtal-Katastrophe Schlagzeilen machte und seither von allen Ländern langsam aufgefüllt wird. „Wir erwarten, dass aus diesem Fonds Geld kommt“, sagt er und fügt an: „Rasch.“ Bayern selbst zahlte bisher 111 Millionen Euro ein, bis 2050 soll das auf 1,1 Milliarden Euro steigen.

Was noch mit dem Bund zu klären ist: Bayern hofft darauf, dass nicht noch eine dicke Rechnung für den Einsatz von THW, Bundespolizei und Bundeswehr kommt. Das Verteidigungsministerium erwies sich da in der Vergangenheit, so berichten Beteiligte, als sehr großzügig; das Bundesinnenministerium nicht immer.

Das Hilfspaket bewegt sich ungefähr in dem Rahmen der Forderungen von SPD und Grünen im Landtag. Es wird irgendwie in die eh seit gestern laufende Haushaltsdebatte im Landtag eingeflochten und läuft vorerst über eine Notbewilligung. Neue Schulden sind offiziell nicht vorgesehen, das fällt in den riesigen und für Laien unübersichtlichen Bereich der Ausgaben, die im Lauf des Jahres irgendwie wieder hereingewirtschaftet werden.

Die Staatsregierung will parallel prüfen, ob Projekte für Hochwasser- und Klimaschutz beschleunigt werden können. Zudem nimmt auch Söder selbst den Kampf für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden auf. Er spottet in Richtung FDP, man dürfe hier „nicht nur Anwalt der Versicherungsbranche sein“. Eine solche Versicherung mit gedeckelten Beiträgen sei „ein Gebot der Vernunft“. Vom Kanzler gebe es da positive Signale. Das zu erklären, muss er allerdings wohl schon in München beginnen: Sein Vize Hubert Aiwanger (FW) bekräftigte in einem Interview Vorbehalte: Es gebe „ein Für und Wider“. Unter anderem sieht er ein Risiko darin, dass dann in Hochrisikogebieten munterer gebaut würde. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Artikel 1 von 11