Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt vor dreieinhalb Jahren hat US-Präsident Joe Biden die anhaltende Krise an der Südgrenze zu Mexiko öffentlich eingeräumt. Mit einer Präsidenten-Anweisung will er nun erstmals bei den Problemen, die er selbst im Januar 2021 geschaffen hatte, gegensteuern. Nur 2500 Migranten will er noch pro Tag den illegalen Grenzübertritt zum Zweck eines Asylantrags erlauben. Wer über diese Zahl hinaus ertappt wird, soll möglichst wieder nach Mexiko oder ins Heimatland zurückgeführt werden. Gleichzeitig erklärte Biden, die Republikaner hätten die Krise verursacht – was allein schon deshalb ein kurioses Argument ist, da Biden ja mit früheren Anweisungen den Zustrom hätte begrenzen könne, der den USA unter seiner Aufsicht rund sieben Millionen illegale Grenzgänger beschert hat.
Die Initiative Bidens ist aus gleich mehreren Gründen eine klassische politische Mogelpackung, die nicht die Krise an der Grenze, sondern die Krise des Demokraten in den Meinungsumfragen kurieren soll. Erinnern wir uns: Es war Biden, der in seiner ersten Arbeitswoche alle von seinem Vorgänger gestarteten Grenzsicherungs-Baumaßnahmen stoppen und auch Lücken im Zaun nicht mehr stopfen ließ. Zwischendurch machte er noch durch Aussagen klar, dass er im Prinzip nichts gegen illegal ins Land kommende Migranten habe. Und dann gab es noch Flüge, mit denen Migranten ohne Einreisegenehmigung dennoch in die USA kommen konnten, um dann am Airport einen Asylantrag zu stellen. Der Zweck dieser Aktion war klar: Die schockierend hohe Zahl der Aufgriffe an der Südgrenze zu reduzieren.
Während Biden am Dienstag seine Maßnahmen verkündete, blendeten einige TV-Sender Bilder aus Kalifornien und Texas ein, wo Migranten hundertfach durch offene Stellen in der Grenzbefestigung ins Land kamen. Das wird auch trotz des jüngsten Erlasses anhalten. Und das Wichtigste wird in der öffentlichen Wahrnehmung gerne übersehen. Mit der reinen Limitierung der täglichen Asylanträge will der Präsident immer noch offiziell zulassen, dass 75 000 Menschen im Monat illegal die Grenzen überschreiten. redaktion@ovb.net