Fair vermieten? Gar nicht so leicht

von Redaktion

Ampel-Gesetz für mehr Wohnraum

1904 ließ Siemens ein ganzes Stadtviertel in Berlin-Spandau für seine Mitarbeiter bauen – die Geburtsstunde der Idee der Werkswohnung. Weil es heute gerade in den Ballungsräumen immer schwieriger wird, Personal zu finden, erlebt derzeit diese von Unternehmen lange vernachlässigte Idee eine Wiedergeburt. Es war überfällig, dass die Politik diese Entwicklung unterstützt. Deshalb ist es richtig, dass die Ampel die 1990 von der Regierung Kohl abgeschaffte Wohngemeinnützigkeit wieder einführt. Unternehmen oder Genossenschaften verdienen es, steuerlich entlastet zu werden, wenn sie Wohnraum unterhalb der für viele kaum noch bezahlbaren „ortsüblichen Mieten“ anbieten.

Aber der Gesetzentwurf von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) greift zu kurz. Die Masse der Vermieter wird dafür bestraft, wenn sie (aus Sicht des Finanzamts) „zu günstige“ Mieten anbietet. Wer vermietet, muss nämlich einen „Einnahmeüberschuss“, also Gewinne, erzielen. Wer zu wenig verlangt, muss befürchten, dass das Finanzamt die Vermietung als „Liebhaberei“ einschätzt. Der Vermieter zahlt dann für seine Fairness doppelt drauf, weil er seine Instandhaltungskosten dann nicht mehr mit den Einnahmen verrechnen darf. Auch die Erbschaftssteuer bewirkt, dass Vermieter für günstige Mieten bestraft werden: Selbst mit den im gesetzlichen Rahmen erlaubten Miet-Erhöhungen rechnet sich das Haus dann oft nicht mehr, mit dem Ergebnis, dass es an einen Investor verkauft wird. Und dann war‘s das mit den fairen Mieten. Deshalb wäre es wichtig, dass die Ampel auch für Privatpersonen Lösungen findet – der Effekt wäre weit größer als beim jetzigen Gesetz, das gerade mal 105000 Mietern bundesweit helfen soll. Klaus.Rimpel@ovb.net

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