Macron kündigt Neuwahlen an

von Redaktion

Nach der krachenden Niederlage seines Lagers löst der Präsident das Parlament auf

Paris – Hinter Emmanuel Macron lagen staatstragende Tage. Die großen Feierlichkeiten zum D-Day. Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die gemeinsamen Auftritte mit Joe Biden. Große Gesten, schöne Bilder, wichtige Reden. Doch am Sonntagabend endete das alles in einem großen Knall.

Nach der Niederlage seines Mitte-Lagers bei der Europawahl löste Frankreichs Präsident gestern Abend überraschend die französische Nationalversammlung auf. Macron kündigte Neuwahlen in zwei Wahlgängen an – und zwar schon am 30. Juni und 7. Juli. Die Herausforderungen Frankreichs erforderten Klarheit und die Franzosen verdienten Respekt. „Ich kann also am Ende dieses Tages nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre“, sagte Macron in einer Ansprache.

„Diese Entscheidung ist ernst, schwer, aber sie ist vor allem eine Vertrauenshandlung, Vertrauen in Sie, meine lieben Mitbürger.“ Macron sprach von Vertrauen in die Fähigkeit des französischen Volkes, die beste Entscheidung für sich selbst und seine zukünftigen Generationen zu treffen. Der Schritt hat auch Auswirkungen auf die Klärung der Frage, wer künftig die EU-Kommission leiten soll. Macron hatte einst Ursula von der Leyen ins Amt verholfen. Nun ist seine Rolle deutlich geschwächt.

Die rechtsnationale Partei Rassemblement National um Marine Le Pen hatte die Europawahl in Frankreich Hochrechnungen zufolge klar gewonnen. Die europaskeptische Partei kam demnach auf 31,5 bis 32,3 Prozent der Stimmen, Macrons proeuropäisches Lager auf nur etwa 15,2 bis 15,4 Prozent. Die Sozialisten landeten den Hochrechnungen zufolge mit 14 bis 14,2 Prozent knapp hinter Macrons Mitte-Block auf Platz drei. Die rechtsextreme Partei Reconquête kam auf 5,3 bis 5,5 Prozent.

Frankreichs Mitte-Lager war bereits geschwächt. Seit knapp zwei Jahren hat es in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr. Das Regieren gestaltete sich seitdem mühselig. Für Macron ist der Misserfolg bei der Europawahl eine herbe Niederlage. Der Blick richtet sich in Frankreich zudem auf die Präsidentschaftswahl 2027. Macron, der sich zweifach in der Stichwahl gegen die rechte Galionsfigur Le Pen durchsetzte, wird nach zwei Amtszeiten dann nicht mehr kandidieren können.

Noch ist unklar, wen die Mitte-Kräfte 2027 ins Rennen schicken werden und wer eine Chance gegen Le Pen hätte. Die Tochter des rechtsextremen Parteigründers Jean-Marie Le Pen hat es in den vergangenen Jahren geschafft, ein gemäßigteres Bild abzugeben und ihr RN bis weit in die bürgerliche Rechte hinein wählbar zu machen.  mik/dpa

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