Fällt Frankreichs Brandmauer?

von Redaktion

Republikaner-Chef Éric Ciotti für Zusammenarbeit mit Le Pen

Paris – In Frankreich kündigt sich ein Tabubruch an: Nach der Ansetzung von Neuwahlen hat sich erstmals der Chef einer traditionellen Partei für ein Bündnis mit den erstarkten Rechtspopulisten des Rassemblement National (RN) ausgesprochen. „Wir brauchen ein Bündnis mit dem RN und seinen Kandidaten, wobei wir wir selbst bleiben müssen“, sagte der Chef der konservativen Republikaner,Éric Ciotti, gestern dem Fernsehsender TF1.

Ein Zusammengehen mit den Rechtsnationalen war für die meisten Parteien in Frankreich in den vergangenen Jahrzehnten tabu – auch für die Republikaner. Die Fraktionsvorsitzende des RN, Marine Le Pen, sprach von einer „mutigen Entscheidung“. Der seit „vierzig Jahren angeblich bestehende ‚Cordon Sanitaire‘, der uns viele Wahlen hat verlieren lassen“, sei gerade dabei zu verschwinden. Mit „Cordon Sanitaire“ ist der Ausschluss von Regierungskoalitionen mit den Rechtspopulisten gemeint.

Eine Zusammenarbeit mit dem RN ist unter Frankreichs Konservativen jedoch hoch umstritten. Unmittelbar nach Ciottis Ankündigung erntete dieser aus den eigenen Reihen massiven Protest. Der republikanische Vorsitzende des französischen Senats, Gérard Larcher, sagte, er werde „ein Abkommen mit dem RN niemals billigen“. Der Chef der republikanischen Fraktion im Senat, Bruno Retailleau, sprach von einer rein „persönlichen Linie“, die Ciotti in dieser Frage verfolge. Er forderte den Parteichef zum Rücktritt auf.

Staatschef Macron sagte unterdessen mit Blick auf die Neuwahlen, er werde auch im Fall eines Siegs des RN nicht vor dem Ende seiner Amtszeit zurücktreten. „Der RN schreibt nicht die Verfassung, auch nicht den Geist der Verfassung“, sagte Macron der Zeitung „Le Figaro“. Die Rolle des Präsidenten sei in der Verfassung klar geregelt, diese sei „unabhängig vom Wahlergebnis“ einer Parlamentswahl.

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