Am Abend der Europawahl mag Wladimir Putin sich angesichts all der erstarkten Kreml-Handlanger noch ins Fäustchen gelacht haben – doch seither läuft es weniger rund für ihn. Erst die Berliner Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine, dann die Zusage der G7, Kiew mit – welch schöne Pointe – russischen Milliarden zu helfen. Nun sollen Delegationen aus rund 100 Ländern in der Schweiz Schritte zum Frieden ausloten. Indien ist dabei, was ein Erfolg ist und etwas das Fernbleiben anderer BRICS-Staaten wie Brasilien und Südafrika kompensiert. Umso argwöhnischer schaut der Kreml auf das Treffen, denn ihm bröselt ein Teil seines Narrativs weg. Putin, AfD, Wagenknecht und Co. mögen weiter behaupten, der Westen blockiere einen Friedensprozess – ab jetzt klebt aber dick und breit das Siegel Lüge darauf.
Die letzten Wochen haben gezeigt, wer der eigentliche Blockierer ist. Putin ließ keine Gelegenheit aus, zu behaupten, dass er jederzeit gesprächsbereit, aber leider nicht eingeladen sei. Wahr ist, dass der Kreml Anfragen aus der Schweiz früh ablehnte und dann vieles unternahm, den Gipfel zu diskreditieren. Russische TV-Hetzer schimpften über die angebliche Propagandaveranstaltung und diffamierten die Gastgeberin, Bundespräsidentin Viola Amherd, aufs Übelste. Im Hintergrund arbeiteten die Chinesen offenbar daran, andere Länder von der Teilnahme abzubringen. Das zeigt: Der Kreml ist keineswegs bereit zu ernsthaften Verhandlungen. Wenn Putin Frieden sagt, dann meint er nach wie vor die Unterwerfung der Ukraine. Er fürchtet einen Gesprächsrahmen, dessen Bedingungen er nicht diktieren kann.
Alles sinnlos also? Sicher nicht. Es ist wichtig, neben der militärischen, wirtschaftlichen, politischen Hilfe für Kiew nun die Grundlage für eine breite Koalition von Staaten zu schaffen, die einen echten Friedensprozess wollen. Vom Treffen bei Luzern sind keine großen, vielleicht nicht mal kleine Nachrichten zu erwarten. Aber je weiter der Prozess im Idealfall fortschreitet, je mehr Länder mitmachen, desto eher wird sich Russland fragen lassen müssen, warum es sich querstellt. Gedanken an einen Folgegipfel mit Moskau gibt es schon, auch an Peking bleiben die Organisatoren dran. Soll niemand sagen, eine Annäherung sei am Westen gescheitert. Marcus.Maeckler@ovb.net