Schlechte Stimmung in Bayerns SPD

von Redaktion

Schwierige Wahlkämpfe: Florian von Brunn (li.) mit Kanzler Olaf Scholz und seiner Co-Vorsitzenden Ronja Endres. © IMAGO

München – Die Nachbetrachtung ist mit „nur für den internen Gebrauch!“ überschrieben. Maria Noichl hat zusammengefasst, was ihr nach dem Europa-Wahlkampf der BayernSPD durch den Kopf geht. 8,9 % sind ein schlechtes Ergebnis, wobei es ein bisschen besser als bei der Landtagswahl im Vorjahr ausfiel (8,4). Die Rosenheimer Spitzenkandidatin in Bayern, bekannt für klare Ansagen, listet ein paar positive Aspekte auf, vor allem den Zusammenhalt der Kandidaten. Dann aber wird sie deutlich. Die interne Kritik gipfelt in der Frage: „Welche Rolle spielten die Vorsitzenden der BayernSPD im EU-Wahlkampf?“

Bei den Genossen im Freistaat hängt nach dem zweiten schlechten Wahlkampf in Folge der Haussegen schief. Noichl fasst den Unmut zusammen, den etliche in der Partei pflegen. Und vieles davon landet bei Florian von Brunn, der die Partei zwar gemeinsam mit Ronja Endres führt, aber als Fraktionschef im Landtag eben der starke Mann ist. Noichl kritisiert, dass aus der Bundespolitik fast niemand in Bayern präsent gewesen sei. Trotz mehrfacher Nachfrage „wurde von der Bayern-Spitze bewusst kein Wahlkampfauftakt und kein Wahlkampfabschluss eingeplant“. Die Spitzenkandidatin will auch wissen, warum der zweite Kandidat Thomas Rudner so einen schlechten Listenplatz bekommen habe. Gab es dafür einen Deal für bayerische Plätze im Parteivorstand? Sie fragt, was aus den 50000 Euro geworden sei, die der Landesvorstand für die Kampagne zugesagt habe. Und: Warum seien ihre freigegebenen Pressemitteilungen „nachträglich zensiert“ worden?

Aus all diesen Fragen spricht ein tiefes Misstrauen gegenüber der Landesspitze. Was ist da los? Wer bei Noichl persönlich nachfragt, erhält nur einen Anruf von der Pressesprecherin der BayernSPD, dass die EU-Abgeordnete nicht darüber sprechen wolle. Auch Florian von Brunn sei nicht zu einem Gespräch bereit. Womöglich, weil sich die Genossen nach der Landtagswahl ja eigentlich Harmonie verordnet hatten. „Gerade in Zeiten von Krisen und Verunsicherung ist es wichtig, dass die SPD zusammenhält. Eine zerstrittene Partei kann nicht Zuversicht und Stabilität vermitteln“, hatte es in einem zehnseitigen Abschlussbericht einer „Kommission zur Aufarbeitung der Landtagswahl 2023“ geheißen.

Nun ja. Wer sich umhört, bekommt in der Partei auch viel Unmut über den Berliner Wahlkampf gespiegelt. Man habe zu stark auf Olaf Scholz gesetzt, die Inszenierung als Friedenspartei habe nicht funktioniert. Rasch landet man auch bei der großen Sorge vor der Bundestagswahl 2025: Aktuell gibt es 23 bayerische Genossen in Berlin, fast alle wollen weitermachen. Doch angesichts der schlechten Umfragewerte und der Verkleinerung des Bundestags gilt die Hälfte der Mandate als gefährdet. Die ohnehin immer schwierige Listenaufstellung im Spätherbst könnte noch härter umkämpft sein als sonst.

Viel Konfliktpotenzial in schwierigen Zeiten. Die schlechten Ergebnisse machen sich auch finanziell bemerkbar, der Landesvorstand debattiert aktuell über einen Sparkurs in der Fläche. Geschäftsstellen müssen geschlossen werden, Stellen gestrichen. Von den insgesamt 39 Stellen müssen 15 abgebaut werden, eine Reduktion um 38 Prozent. Betriebsbedingte Kündigungen will man vermeiden.

Ob das alles demnächst in einer Personaldebatte kulminiert, ist offen. Die nächste Vorstandswahl steht eigentlich erst im Sommer 25 an, kurz vor der Wahl. „Für den Florian (von Brunn) ist das der bestmögliche Zeitpunkt“, sagt ein erfahrener Genosse. „Im Wahlkampf geht es um Zusammenhalt.“ Doch parteiinterne Kritiker schließen nicht aus, dass auch auf einem kleinen Parteitag in diesem Jahr die Personalfrage gestellt wird. Das Problem: Nachfolger drängen sich bislang kaum auf. Für den Parteivorsitz fallen die Namen von Oberbürgermeistern wie Florian Janik (Erlangen) oder Thomas Jung (Fürth) sowie des Münchner Bundestagsabgeordneten Sebastian Roloff. Im Landtag gilt die junge Abgeordnete Anna Rasehorn als umtriebig. Ob das für einen Aufstand reicht?

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