Mehr als jeder dritte Zug kommt zu spät

von Redaktion

Neuer Unpünktlichkeits-Rekord der Bahn – Das ICE-Versprechen für 2028 ist sehr fern

München – Fernzüge der Deutschen Bahn sind zuletzt wieder unpünktlicher unterwegs gewesen. Im Mai kamen lediglich 63,1 Prozent der IC- und ICE-Züge der Bahn ohne größere Verzögerung ans Ziel, wie der Konzern am Samstag in Berlin mitteilte. Im April lag die Quote bei 64,3 Prozent, im März noch bei 67,6 Prozent. Als verspätet gilt ein Zug ab einer Verzögerung von sechs Minuten.

Das erhöhte Baugeschehen habe auch im Mai die Pünktlichkeit der ICE- und IC-Züge beeinträchtigt, teilte die Bahn mit. Nach wie vor habe die DB verstärkt im Schienennetz gebaut, damit zu Beginn der Fußball-EM möglichst wenige Baustellen den Verkehr ausbremsen. Im Juni dürfte es kaum besser laufen. Die Hochwasser beeinträchtigt vielerorts bis heute den vVerkehr. Beispiel: die Strecke Würzburg–Nürnberg, die im gerade erst vorgelegten Infrastrukturzustands-Bericht als eine von drei bayerischen Achsen mit besonderen Engpass-Problemen genannt wird. Starkregen im Raum Kitzingen unterspülte die Strecke, sie ist mindestens bis 24. Juni noch voll gesperrt, danach soll nach Angaben von DB InfraGo zunächst nur eines der beiden Gleise freigegeben werden. ICE-Züge etwa nach Hamburg oder Frankfurt brauchen derzeit eine halbe Stunde länger.

Die Pünktlichkeitszahlen liegen auch weit unter dem für 2028 ausgegebenen Ziel. Dann sollen vier von fünf ICE- und IC-Zügen, also 80 Prozent, wieder pünktlich fahren, hatte DB-Chef Richard Lutz kürzlich noch einmal bekräftigt. Wie die Bahn das erreichen soll, bleibt allerdings sein Geheimnis. Durch die demnächst anlaufenden Korridorsanierungen wird es bis 2030 empfindliche Einschränkungen auf 40 Hauptstrecken geben, zunächst auf der Riedbahn Mannheim–Frankfurt, die ab 15. Juli einige Monate lang stillgelegt wird. Der Verkehrsexperte der Union im Bundestag, Ulrich Lange (CSU), warnt gegenüber unserer Zeitung zudem: Brücken und Tunnel würden ausgespart, weil dafür langwierige Planfeststellungsverfahren notwendig seien. „Da stellt sich für mich schon die Frage der Verhältnismäßigkeit von Eingriff und Erfolg.“ Eine Generalsanierung sehe anders aus.

Ohnehin hinkt die Bahn früheren Pünktlichkeitswerten weit hinterher. 2016 und 2017 lag die Pünktlichkeit der Fernzüge noch bei fast 80 Prozent – also just jenem Wert, der nun als ehrgeiziges Ziel für 2028 verkündet wird. Dabei ist die Zahl der Fernverkehrs-Reisenden, wie aus dem DB-Bericht „Daten & Fakten 2023“ hervorgeht, noch längst nicht so hoch wie in früheren Jahren. 2016 reisten im DB-Fernverkehr insgesamt 139 Millionen Fahrgäste, 2017 waren es 142 Millionen und 2019 sogar 151 Millionen, also weit mehr als zuletzt (2023: 140 Millionen).

Logische Folge des Schlamassels: Auch die „Reisendenpünktlichkeit“ sank im Mai auf 68,1 Prozent nach 70,2 Prozent im April. Der Wert gibt an, wie groß der Anteil der Fahrgäste im Fernverkehr war, die ihr Ziel pünktlich erreicht haben. Verspätungen gehen dabei ab einer Verzögerung von 15 Minuten in die Statistik ein. Dafür erfasst sie auch Zugausfälle, die sich auf die Pünktlichkeit auswirken. DIRK WALTER

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