Weit weg vom Kanzleramt

von Redaktion

Die Krise der Grünen

„Robert Habeck möchte gern“, überschrieb „Der Spiegel“ jüngst seinen Text über die Ambitionen des Wirtschaftsministers. Lustig! Es ging allen Ernstes ums Kanzleramt. Dabei ist der grüne Traum davon, einmal das wichtigste Amt in diesem Land zu übernehmen, derzeit weit, weit weg. Die Ökopartei, die auf dem Weg zur Volkspartei schien, hat in Regierungsverantwortung ihren Kompass verloren. Und es sieht nicht danach aus, als würde sie ihn so schnell wiederfinden.

Wer sich in der Partei umhört, erkennt zwei Lager. Diejenigen, denen Flüchtlingshelfer, Klima- und Friedensaktivisten einflüstern, man müsse konsequenter die Ur-Anliegen vertreten und habe in der Regierung viel zu viel preisgegeben. Sie winden sich, weil die Parteispitze dem EU-Asylkompromiss zustimmte oder beim neuen Klimaschutzgesetz, die sogenannten Sektorenziele an CO2-Ausstoß aufgab. Die anderen sehen dagegen den massiven Unmut großer Teile der Bevölkerung, die der Partei vom Heizungsgesetz bis zur Flüchtlingspolitik viel zu viel Dogmatik unterstellen. Das Problem: Die beiden Denkschulen sind so widersprüchlich, dass ein Mittelweg kaum möglich erscheint.

Die Verlockung der reinen Lehre ist groß. Doch den Grünen muss klar sein, dass sie dann wieder zur Zehn-Prozent-Partei verkümmern, die sie über viele Jahre waren. Alle, die ernsthaft das Kanzleramt anstreben, sollten dagegen auf Winfried Kretschmann hören, der offen auch über den Migrationskurs der Partei spricht. Seit dem Ukraine-Krieg hat sich einfach zu viel geändert, als dass die Grünen einfach wieder ins Jahr 2019 zurückkehren könnten. Mike.Schier@ovb.net

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