Es gibt keinen Bedarf

von Redaktion

„L‘État, c‘est moi“ – „Der Staat bin ich“, hieß es unter Ludwig XIV. Doch die Zeiten, da Politik im Stile eines Sonnenkönigs verkündet werden konnte, sind zum Glück lange vorbei. Das sollte auch Markus I. (Söder) wissen. Die Bürger dürfen auch zwischen den Wahlen mitreden, durch Volks- und Bürgerentscheide. Sie sind ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit – und in Wahrheit wäre eher zu prüfen, wie man sie ausweitet, statt sie einzuschränken. Sie zwingen Politik und Wirtschaft dazu, sich zu erklären. Wenn das geschieht, wie zum Beispiel im kleinen Ort Straßkirchen, wo BMW nach einem gewonnenen Bürgerentscheid eine riesige Batteriefabrik ansiedeln darf, gibt es auch Erfolgschancen für unpopuläre Projekte. Wo das unterbleibt, wie es etwa beim Windpark für das Chemiedreieck in Mehring der Fall war, da kann ein Projekt auch mal scheitern.

Eigentlich fährt Bayern gut mit seiner Tradition der Bürgerentscheide. Großer Änderungsbedarf ist nicht erkennbar. Söders Initiative könnte zur Entmündigung der Bürger führen. Das stärkt die politischen Ränder, ist brandgefährlich. Also Finger weg! Doch wenn es der Ministerpräsident mit dem Runden Tisch ehrlich meint, dann muss zumindest ergebnisoffen diskutiert werden.

Ein Ergebnis könnte im 75. Jahr des Grundgesetzes ja sein, dass es neuer Initiativen bedarf, um Demokratie zu beleben. Also mehr Demokratie statt weniger. Das könnte ein kommunales Wahlrecht für 16- und 17-Jährige sein (macht vielleicht mehr Sinn, als damit wie geschehen bei der Europawahl zu beginnen) oder ein Fahrplan zur Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene – sofern das ohne Missbrauch durch Radikalinskis möglich ist.

Dirk Walter@ovb.net

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