Es ist wie so oft mit den Mode-Wörtern. Man benutzt sie dauernd, weiß ungefähr, was man meint – und macht sich dann gar keine Gedanken mehr. So ist das bei der „Toleranz“ und beim „Akzeptieren“. Im Vorfeld des Christopher Street Day, der an diesem Wochenende in München gefeiert wird, haben diese Worte Hochkonjunktur. Das ist gut so. Und gleichzeitig ist es mit einer Mahnung verbunden! Wir müssen aufpassen, dass diese Begriffe mit Leben gefüllt bleiben. Etwas tolerieren: Das bedeutet im Wortsinn, es zu ertragen. Es zu akzeptieren, bedeutet, es anzunehmen und als gültig zu erkennen. Der CSD ist nicht nur eine knallbunte Party für Hunderttausende, er ist auch eine zutiefst politische Veranstaltung mit einer Botschaft. Schwule, Lesben und andere Lebensentwürfe jenseits des klassischen Familienbilds sind keine Randerscheinung, sondern mittendrin in der Gesellschaft. Vor der Polit-Parade am Samstag geht‘s aber wieder um die Frage, warum die Münchner CSU nicht mit eigenem Wagen mitfahren darf – am Ende wegen einer Gender-Debatte. Vielleicht wäre es da angebracht, die Frage nach Toleranz und Akzeptanz andersrum zu stellen. Nicht an die Gesellschaft, sondern an die Veranstalter. Wenn man sich gegenseitig aushält und annimmt (selbst wenn man einen anderen Lebensentwurf hat), kann was Wunderbares rauskommen. Wie das liberale Klima in Sachen sexueller Orientierung, für das München seit Jahrzehnten berühmt ist.Ulrich.Heichele@ovb.net