Scharfe Kritiker des Personalpakets: Viktor Orban (Ungarn) spricht mit Giorgia Meloni (Italien). © Wijngaert/AP/dpa
Brüssel – Die EU hat mit der Ukraine eine Vereinbarung zur Sicherheitskooperation und langfristigen Unterstützung getroffen. Das Dokument wurde am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie von den EU-Spitzen unterzeichnet.
Selenskyj dankte, warb aber zugleich für noch mehr Einsatz der EU-Länder für eine schnelle Lieferung von Waffen und Munition. Es gehe darum, Russlands Illusion zu zerstören, dass es mit dem Krieg gegen die Ukraine irgendetwas erreichen könne, sagte er. Teil der Sicherheitszusagen ist ein neuer Krisenmechanismus. Sollte Russland etwa Atomwaffen einsetzen oder nach dem Ende des derzeitigen Krieges erneut angreifen, soll es auf Ersuchen einer der beiden Seiten innerhalb von 24 Stunden Konsultationen geben. Gemeinsam würde dann über mögliche Unterstützung zum Beispiel durch Waffenlieferungen beraten. Einen direkten militärischen Beistand sagt die EU in der Vereinbarung nicht zu.
Neben dem Krisenmechanismus ist etwa eine engere Zusammenarbeit zwischen der Rüstungsindustrie der Ukraine und der EU sowie im Kampf gegen Cyberangriffe und Desinformationen vorgesehen. Einseitig sagt die EU zu, die Anstrengungen für Finanzhilfen, Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten fortzusetzen. So will sich die Staatengemeinschaft auch an einer G7-Initiative für ein kurzfristiges 50-Milliarden-Dollar-Paket für die Ukraine beteiligen.
Das Abkommen mit den Sicherheitszusagen geht auf eine Initiative der Mitglieder der G7-Gruppe zurück. Sie hatten am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius 2023 vereinbart, dass einzelne Staaten mit der Ukraine bilaterale Sicherheitspakte abschließen sollten. Die EU schließt sich nun an. Den Anfang hatten im Januar und Februar Länder wie Großbritannien, Deutschland und Frankreich gemacht. Zuletzt folgten unter anderem die USA.
Thema beim Gipfel waren auch die EU-Spitzenposten nach der Europawahl. Die Abstimmung dazu wurde aber erst am späten Abend erwartet. Als nahezu sicher galt, dass Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission nominiert wird. Sie kündigte an, die Militärausgaben stark zu erhöhen. Um die EU effizient vor Bedrohungen aus Ländern wie China oder Russland schützen zu können, braucht es nach Schätzungen der Kommission im nächsten Jahrzehnt zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro.
Eine informelle Einigung vor dem Gipfel sah zudem vor, dass die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas den Posten der EU-Außenbeauftragten bekommt und der sozialdemokratische frühere portugiesische Regierungschef António Costa zum EU-Ratspräsidenten gewählt wird.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat bekräftigt, das Personalpaket nicht zu unterstützen. Die Koalition der drei großen europäischen Parteienfamilien schaue weder auf die schlechte Performance der vergangenen fünf Jahre, noch auf das Programm für die kommende Legislaturperiode. „Es geht nur um Machtteilung“, lästerte Orban auf dem Gipfel. „Wir können das nicht unterstützen.“
Zudem gibt es nach Medienberichten Streit um die Klimapolitik. Die EU sieht in einer „strategischen Agenda“ vor, Wirtschaftspolitik und Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Energiesouveränität wieder klar vor Klimaschutz zu platzieren. Schlüsseltechnologien sollen zurück nach Europa geholt werden. Laut „Spiegel“ wird über den Entwurf heute fertig verhandelt, große Änderungen seien unwahrscheinlich. Die deutsche Ampel hat demnach auf mehr Klimaschutz gedrängt. ANSGAR HAASE