Die Demo von Demokraten gegen den AfD-Parteitag hätte ein starkes Signal für Werte und Weltoffenheit sein sollen: ein Zeichen vor der mit Regenbogenfahnen geschmückten Essener Messehalle, wie die Herzen der Mehrheit schlagen. Stattdessen wurde es zum Fiasko. In Erinnerung bleiben Gewaltexzesse mit zwei Dutzend verletzten Polizisten, vermummtes Pack, prügelnd und Steine werfend. Zu viele mischten sich unter die wohlmeinenden und friedlichen Gegendemonstranten in Essen, die sich im alten Irrglauben suhlten, es wäre gut, wenn linker Extremismus möglichst hart den rechten bekämpft. Es gibt keine guten Extremisten in unserem Land.
Der AfD-Parteitag war juristisch durchgefochten, er ist demokratisch zu ertragen. Gegendemonstranten sind willkommen, Nötigung und Übergriffe gegen Teilnehmer und Delegierte nicht. Das ist kein schmaler, schwierig zu erfassender Grat, sondern eine eindeutige, unübersehbare rote Linie. Juristisch sowieso, politisch auch: Bilder wie aus Essen bringen keinen AfD-Wähler zum Zweifeln, sondern vertiefen die Gräben und die Spaltung in Deutschland. Sie helfen der AfD, ihren Opfermythos zu pflegen. In die Reihe der Fehler und haarsträubenden Dummheiten zählt noch der TV-Reporter des öffentlich-rechtlichen Senders, der vor laufender Kamera erklärte, er würde ja so gerne mitmarschieren mit den Demonstranten.
Gleichzeitig gelang der sonst abgrundtief zerstrittenen AfD in der Halle die Inszenierung eines einigermaßen harmonischen Parteitags. Drinnen ein Hauch von heiler Welt ausgerechnet bei der Spalterpartei, draußen Mob unter ihren Gegnern – was für ein schiefes Gesamtbild. Nein, das war kein gutes Wochenende für die Demokratie. Christian.Deutschlaender@ovb.net