Ein Land vor dem Stillstand

von Redaktion

Frankreich: Sieg der Extreme

Es gibt nichts schönzureden: Das Ergebnis der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen ist ein Desaster – und zwar nicht nur für den Zocker Emmanuel Macron. Frankreichs politische Mitte ist kollabiert, sie wurde zerrieben von bedrückend starken Rechtsnationalisten und einem in Teilen radikalen Linksbündnis, das schneller und schlagkräftiger zusammenfand, als der Präsident es sich vorstellen konnte. Nun steht er höchstwahrscheinlich ohne eigene Parlamentsmehrheit da – und das Land ohne eine wirklich gute politische Option.

Vielleicht gelingt es Macron und den Linken (längst mehr Gegner als im Kampf gegen die Rechten geeint) am Sonntag, dem Rassemblement durch taktische Winkelzüge noch ein paar Parlamentssitze abzuluchsen. Im besten Fall hat am Ende keines der drei Lager eine eigene Mehrheit; im schlechtesten krönt Marine Le Pen ihr Projekt, die „Entteufelung“ des RN, mit der absoluten Mehrheit – und dem Amt des Premierministers. Wie das Land sinnvoll regiert werden soll, ist in beiden Fällen ein Rätsel. Vielmehr steht Frankreich wohl vor Jahren der politischen Blockade. Als wäre das drohende Trump-Comeback in Washington nicht schon genug, müssen sich auch EU und Nato damit abfinden, dass einer ihrer wichtigsten Akteure künftig kürzertreten wird. Übrigens: Moskau gefällt das.

Man kann den Ärger über all das mit Recht auf Macron abladen, der sein Glück herausforderte, wo er besser den Scholz gemacht und „besonnen“ gehandelt hätte. Aber vielleicht hat er mit der vorgezogenen Wahl den Geist RN nur ein paar Jahre früher aus der Flasche gelassen. Ob er sich wieder einfangen lässt, ist die große, bange Frage. Marcus.Maeckler@ovb.net

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