KOMMENTARE

Söder bleibt in Lauerposition

von Redaktion

Charmeoffensive des CSU-Chefs

Bis zu 36 Prozent könnten CDU und CSU bei der nächsten Bundestagswahl einfahren. Diese Zahl hat Friedrich Merz jetzt ins Unions-Schaufenster gestellt. Das war mutig. Was, wenn die CDU nach den Septemberwahlen im Stimmungstief versinkt? Oder die „Brandmauer“ im Osten bröckelt? Und was, wenn die Parteigranden zu dem Ergebnis kommen, dass 30 Prozent plus X zwar drin sind – aber nur mit einem anderen Kandidaten?

Obwohl die Ampel gerade in nie gekannte demoskopische Tiefen vorstößt, bleibt die Union wie festgetackert bei 30 Prozent. Das hänge mit der Unbeliebtheit ihres Anführers bei Frauen und jungen Wählern zusammen, ätzen dessen Widersacher. Markus Söder wäre nicht Markus Söder, würde er sich diese Chance entgehen lassen. Als Gute-Laune-Bär der Union tingelt er durch die Talkshows, fachsimpelt mit Markus Lanz über Fußball („in der Politik wird gefoult ohne Ende“), schäkert mit Ina Müller und lässt sich gerne zum „Politikergrillen“ von Welt.TV einladen. Söder legt es drauf an, Merz unter Druck zu setzen (und den Dritten im Bunde, NRW-Chef Wüst, auf Abstand zu halten): Je höher seine Beliebtheitswerte klettern, desto lauter wird das Raunen in CDU und CSU, ob man mit Merz denn wirklich das beste Pferd im Stall ins Rennen um die Kanzlerschaft schickt.

Für den CDU-Chef ist das so lange ein beherrschbares Problem, so lange die Union nicht klar unter 30 Prozent rutscht und die Rückeroberung des Kanzleramts als sicher gelten kann. Er hat die Fraktion auf sich eingeschworen, die Parteiflügel halbwegs befriedet, und auch die Chefs der Landesverbände haben sich zuletzt hinter ihn gestellt. Seine Auftritte sind staatsmännisch, Zuspitzungen überlässt er seinem General Linnemann. Nicht mal kritische Medien, die an seiner Popularität herumkritteln, bestreiten sein Format. Doch er weiß: Hendrik Wüst und Markus Söder lauern weiter auf einen Moment der Schwäche. Und wenn Merz aus Söders Sicht die Kanzlerkandidatur nicht mehr zu nehmen ist? Dann könnte ihm seine mediale Charmeoffensive zumindest im Ringen um das Bundespräsidentenamt, wo ihm in Ilse Aigner eine parteiinterne Rivalin erwachsen ist, noch gute Dienste erweisen.Georg.Anastasiadis@ovb.net

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