Ein schwieriger Seitenwechsel

von Redaktion

Grüne Abgeordnete springt zu CDU

Eine grüne Bundestagsabgeordnete läuft frustriert zur CDU über. Für schnelle Häme reicht das bestimmt: Schau, der Ampel wird ihr eigenes Gewürge zu viel! Fluchtreflexe! Selbstauflösung! Ganz so einfach sollte man es sich aber nicht machen. Es bleibt ein ungutes Gefühl im Magen, mehrfach.

In der Praxis sind Parteiwechsler seltener verlässliche, überzeugte Abgeordnete. Nicht immer, aber oft steckt persönlicher Frust dahinter, meist ganz banal Zorn darüber, im Wahlkreis oder auf der Liste nicht mehr aufgestellt zu werden. Das wird dann mit angeblichen ideologischen Differenzen gegenüber der alten Partei zur großen Gewissensfrage verklärt. Gut möglich, dass bei Melis Sekmen, der jungen Mannheimer Wechsel-Abgeordneten mit spannender Migrationsbiografie, wirklich die Sorge dominiert, in der Asyl- wie auch Wirtschaftspolitik bei den Grünen falsch gelandet zu sein. Das verdient dann Respekt. Aber wäre sie gerade dann nicht bei den oft erfrischend realistischen Baden-Württemberg-Grünen, dem Landesverband von Pragmatikern wie Kretschmann, Özdemir, Bayaz, gut aufgehoben? Realos können parteiintern jede Hilfe brauchen.

Es bleibt auch demokratietheoretisch Bauchweh. Grüne Wähler haben Sekmen auf einer (starren) Liste in den Bundestag geschickt. Falls sich solche Wechsel häufen, verzerren sie ein Wahlergebnis, das – ob es einem gefällt oder nicht – demokratisch ist. Ja, diese Ampel regiert grottenschlecht. Je früher sie endet, desto besser. Ehrlicher als eine Erosion über Austritte wäre eine Erkenntnis der Parteien: Es wird nichts mehr, lasst uns neu vor die Wähler treten. Christian.Deutschlaender@ovb.net

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