KOMMENTARE

Beerdigung eines Prestigeprojekts

von Redaktion

Lisa Paus‘ Kindergrundsicherung

Wenigstens die Familienministerin hat die Hoffnung auf ihr Lieblingsprojekt nicht verloren. „Die jetzige Haushaltseinigung gibt Rückenwind für die Verhandlungen im Bundestag“, verkündete die grüne Lisa Paus mit Blick auf die „Kindergrundsicherung“. Das ist zwar tapfer, aber auch realitätsblind. Denn tatsächlich erscheint das ehrgeizige Sozialprojekt, das im Koalitionsvertrag als „Neustart der Familienförderung“ gepriesen wurde, spätestens seit der Etateinigung am Freitag mausetot.

Auf der einen Seite könnte man das bedauern, denn die soziale Absicherung von Kindern wäre tatsächlich grundlegend reformbedürftig. Das jetzige System ist so kompliziert, dass viele Bedürftige überhaupt nicht durchsteigen. Sprich: Das Geld kommt nicht dort an, wo es hin müsste. Zugleich sind so viele unterschiedliche Behörden und Gerichtsbarkeiten zuständig, dass man auch den staatlichen Aufwand hinterfragen sollte. Doch die Familienministerin arbeitete von Anfang in die völlig falsche Richtung: Sie wollte eine neue Behörde mit 5000 (!) Stellen schaffen und verlangte zwölf (!) Milliarden Euro zusätzlich. Das Kindergeld sollte fortan „Kindergarantiebetrag“ heißen. Wer, bitteschön, denkt sich so etwas als Zeichen der Vereinfachung aus?

Inzwischen hängt der – deutlich abgespeckte – Gesetzentwurf seit Monaten im Parlament. Die Aussagen der Koalitionspartner über die handwerkliche Arbeit fallen verheerend aus. Die vorliegende Fassung sei „nicht tragfähig“, urteilte die SPD, die Sozialprojekten bekanntlich nicht ablehnend gegenübersteht. Im Haushaltskompromiss sind nun zwar Mittel für höheres Kindergeld und mehr Kinderzuschlag (für Bürgergeldempfänger) vorgesehen. Auch der steuerliche Kinderfreibetrag steigt um 60 auf dann 9600 Euro. Aber von der Kindergrundsicherung ist für 2025 keine Rede mehr, eine spätere Einigung bis zu den Wahlen im Herbst erscheint kaum vorstellbar. Kein Koalitionspartner will sich im Wahlkampf den grünen Mühlstein um den Hals hängen. Es ist eine Beerdigung auf Raten. Gut so! Mike.Schier@ovb.net

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