Biden: Augen zu und durch

von Redaktion

US-Präsident fordert Ende der Gesundheits-Debatte – doch zugleich häufen sich die Indizien für kognitive Probleme

Wie gesund ist US-Präsident Joe Biden wirklich? Die Debatte in den USA läuft seit Tagen. © Phelan M. Ebenhack/AP/dpa

Washington – Die ganze Debatte um seine Gesundheit und erneute Bewerbung mache ihn „verrückt“, beklagte US-Präsident Joe Biden am Montag in einem Interview mit dem Sender MSNBC. Gleichzeitig forderte er in einem langen Schreiben seine Partei auf, nicht mehr über seine Kandidatur zu diskutieren und ihn als einzigen Bewerber anzuerkennen.

Doch just zu Beginn des Nato-Gipfels in den USA, den der 81-Jährige leiten soll, häufen sich die Indizien über ernsthafte kognitive Beeinträchtigungen. Das Online-Magazin „Axios“ enthüllte durch die Abbildung entsprechender Karten, dass Biden vor Auftritten teils bebilderte Notizen erhält, die ihm jeden Schritt auf einer Bühne erklären – zum Beispiel durch die Abbildung eines Rednerpodiums oder den Hinweis, dass er anwesende Gäste begrüßen müsse.

Dann hatte Biden zwei Interviews mit Radiosendern arrangieren lassen, die vor allem eine afroamerikanische Hörerschaft haben. Eine Moderatorin erhielt am Montag die Kündigung, weil sie akzeptiert hatte, nur zuvor vom Weißen Haus übermittelte Fragen zu stellen. Trotz dieser drastischen Maßnahme zum Schutz des Präsidenten schaffte er es erneut, den Hörern unsinnige Sätze zu servieren. Wie diesen: „Ich bin stolz darauf, als erste schwarze Frau mit einem schwarzen Präsidenten gedient zu haben.“ Oder: Er sei als Kind im Staat Delaware zum Präsidenten gewählt worden.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass ein renommierter Neurologe und Parkinson-Spezialist innerhalb von acht Monaten acht Mal das Weiße Haus besucht hatte. Dabei traf sich der Experte auch mit Bidens Leibarzt. Die Sprecherin des Präsidenten wich detaillierten Fragen zu diesem Vorgang aus und konstatierte, Spezialisten würden regelmäßig Personal des Weißen Hauses behandeln. Das Weiße Haus dementierte zudem, dass Biden wegen Parkinson behandelt werde. Mittlerweile häufen sich auch in liberalen Medien wie CNN, die Biden lange vorbehaltlos unterstützt hatten, die Rufe nach einer unabhängigen neurologischen Untersuchung.

Auffällig ist, dass Biden in seinem Schreiben an die Partei mit keinem Wort auf seine bei Terminen unübersehbaren Aussetzer einging und im Prinzip damit die Demokraten aufforderte, seine zunehmenden Beeinträchtigungen für die kommenden vier Jahre zu akzeptieren.

Biden weigert sich weiter beharrlich, die Mitschrift eines Interviews zu veröffentlichen, das Justiz-Sonderermittler Robert Hur im vergangenen Jahr mit dem Präsidenten geführt hatte. Bei diesem Termin ging es um den Vorwurf, Biden habe – wie auch Ex-Präsident Donald Trump – Geheimdokumente widerrechtlich bei sich zu Hause gelagert. Von einer Anklage Bidens hatte Hur dann mit der Begründung abgesehen, Geschworene würden im Präsidenten einen bedauernswerten vergesslichen Senioren sehen und ihn deshalb aller Voraussicht nach nicht verurteilen wollen.

Es wird vermutet, dass Biden, der sich in dem Interview nicht an die Jahre seiner Vizepräsidentschaft unter Barack Obama erinnern konnte, während der mehrstündigen Anhörung weitere schwere geistige Defizite offenbarte. Und eine Freigabe der Mitschrift der Debatte um eine Ablösung Bidens neue Nahrung geben würde.
FRIEDEMANN DIEDERICHS

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