Ein Hüne in großen Fußstapfen

von Redaktion

Nach Malu Dreyers Rückzug: Heute will Alexander Schweitzer neuer Ministerpräsident werden

Er faltet sich ins Auto: Alexander Schweitzer (SPD) will Rheinland-Pfalz regieren. © dpa

Mainz – Von Alexander Schweitzer gibt es die nette Anekdote, wie er das freie Sprechen gelernt habe. Er sei immer mit Manuskript ans Pult getreten, erzählte er Journalisten. Das Pult war klein, die Schrift auch, der 2,06-Meter-Mann konnte es von oben nicht mehr entziffern. Dann halt frei.

Man mag das glauben oder nicht. Zeitgenossen aus Rheinland-Pfalz schildern, der SPD-Politiker sei tatsächlich ein guter Rhetoriker: oft impulsiv, mit Herzblut, nie an Formulierungen seiner Beamten klebend. Das ist für die kommende Aufgabe eine gute Voraussetzung. Schweitzer wird heute, wenn nichts grob schiefläuft, zum Ministerpräsidenten gewählt, Landesvater. Und wird viel übers Land ziehen und reden müssen, um bekannter zu werden.

Er tritt die Nachfolge von Malu Dreyer an, die mit bewegenden Worten ihren Rücktritt angekündigt hatte. Kein Skandal, keine Affäre, sondern Krankheit, Multiple Sklerose. „Meine Kraft ist endlich“, sagte sie: „Ich bin einfach nur müde.“ Und dass sie den gelernten Juristen Schweitzer für den besten Nachfolger halte. Beobachter hatten einen Wechsel nahen sehen, vielleicht noch nicht jetzt, und dann vorhergesagt, Dreyer werde Innenminister Michael Ebling favorisieren. Es kam anders.

Schweitzer hat viel Führungserfahrung. Als er nach der Landtagswahl 2021 vom SPD-Fraktionsvorsitz in die Regierung wechselte, war vom neuen „Superminister“ die Rede, zuständig für Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung. Auch SPD-Generalsekretär war der 50-Jährige schon und zuvor Juso-sozialisiert, was zumindest in der Partei als Vorteil gilt. Er führte in den 90ern zeitweise den Juso-Landesverband, war eingetreten, um ein Zeichen gegen die rechtspopulistischen „Republikaner“ zu setzen. Kurt Beck gilt als sein Mentor und Entdecker. In seinem Landesverband ist Schweitzer beliebt. Bei einem Parteitag im November erzielte er bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden nach Landeschef Roger Lewentz das beste Ergebnis: knapp 92 Prozent der Delegierten.

Schweitzer sei „der richtige Mann“, sagte Dreyer öffentlich nun. Alles sei innerhalb der SPD im Team seit Langem immer wieder in großer Eintracht besprochen worden. Er selbst sprach bei ihrer Rücktrittsankündigung Mitte Juni von einem „emotionalen Tag“ für die rheinland-pfälzische SPD. Allen in seiner Partei sei bewusst, „dass nicht weniger als eine Ära zu Ende geht“, sagte er. Es seien „sehr große Fußstapfen“, in die er bald trete. Es ist klar, dass damit auch die SPD-Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2026 verbunden ist.

Privat ist über Schweitzer, in der Südpfalz geboren, verheirateter Vater dreier Kinder, gar nicht so viel bekannt. Veganer sei er, wird berichtet, und langjähriger Fan des Fußballvereins 1. FC Kaiserslautern. Revolutionen will er vorerst nicht anführen. Er stehe „inhaltlich“ und „auch politisch“ hinter der in Mainz regierenden Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, betonte der designierte Ministerpräsident. Er wolle das Bündnis auch nach der Wahl im Frühjahr 2026 gern fortsetzen.

Heute sollen ihm die Koalitionsabgeordneten in Mainz mit der Wahl den ersten Vertrauensbeweis liefern. Es geht mehr als um eine Personalie, sondern für die seit 33 Jahren regierende SPD um ein Stammland. Die Umfragen zuletzt, allerdings unregelmäßig, waren ungünstig: Die SPD mit 20 plus x lag weit hinter der CDU mit 30 plus x.
CD/AFP

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