Paris – Zwei Tage nach der Parlamentswahl in Frankreich scheint eine Einigung auf eine regierungsfähige Mehrheit in weiter Ferne. Sowohl aus dem links-grünen Bündnis Neue Volksfront als auch aus dem bisherigen Regierungslager von Präsident Emmanuel Macron gab es am Dienstag skeptische Stimmen hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit. „Sie müssen Verantwortung übernehmen, also für uns stimmen“, sagte der Linkspopulist Manuel Bompard. Auch die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau verwarf mögliche Koalitionspläne: „Ich will nicht in einer Regierung sein, an der Macrons Leute beteiligt sind“, sagte sie.
Die Abgeordneten des Bündnisses Neue Volksfront fanden sich gestern erstmals in der Nationalversammlung zusammen. Obwohl sie sich vor der Wahl auf ein gemeinsames Programm und gemeinsame Kandidaten geeinigt hatten, machten sie gesonderte Gruppenfotos. Bis Ende der Woche will sich das Bündnis auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers einigen. „Ich bin dazu bereit“, sagte der Sozialistenchef Olivier Faure am Dienstag. Auch der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon und die Grünen-Chefin Marine Tondelier sind im Gespräch.
Das Regierungslager zeigte sich skeptisch. „Ich will nicht die Regierungskompetenz der republikanischen Linken bestreiten. Aber wenn hundert Sitze bis zur Mehrheit fehlen, muss man realistisch sein“, erklärte Außenminister Stéphane Séjourné.
Seit der vorgezogenen Parlamentswahl ist die politische Landschaft in Frankreich in drei Blöcke gespalten, deren Programme unvereinbar scheinen: Die Neue Volksfront, die auf gut 190 Abgeordnete kommt, das in der Mitte angesiedelte Regierungslager Macrons mit gut 160 Sitzen und die Rechtspopulisten des Rassemblement National (RN) mit 143 Sitzen. Die Zahlen schwanken, weil die Kandidaten nicht immer eindeutig zuzuordnen sind. Keiner der Blöcke erreichte eine absolute Mehrheit, die bei 289 Sitzen liegt. Das Aushandeln eines detaillierten Koalitionsvertrags nach deutschem Vorbild wäre für Frankreich politisches Neuland und gilt als unwahrscheinlich.