Warum Baerbock Westafrika besucht

von Redaktion

Vor dem Hintergrund von Militärputschen und Spaltungstendenzen besucht die Außenministerin Westafrika. Der Senegal und die Elfenbeinküste gelten da noch als Stabilitätsanker. Doch es gibt auch Problemthemen.

Hier geht‘s lang: Außenministerin Annalena Baerbock steht bei einem Besuch in Dakar an einer Bushaltestelle des Nahverkehrsystems Bus Rapid Transit. © dpa

Berlin – Es ist der Versuch, einen Rest Stabilität zu retten: Außenministerin Annalena Baerbock setzt auf eine vertiefte Zusammenarbeit mit dem Senegal und der Elfenbeinküste, um ein Ausbreiten der Putsche und Krisen aus dem Sahel im Rest der Region zu verhindern. „Wenn in Westafrika noch mehr Länder in die Instabilität kippen, hat das nicht nur dramatische Konsequenzen für die Menschen vor Ort, sondern auch direkte Auswirkungen für unsere Sicherheit in Europa“, warnte die Grünen-Politikerin vor einem zweitägigen Westafrikabesuch. Als Mediator übernehme Senegal Verantwortung für die Region.

Die Menschen im Senegal, Elfenbeinküste „und anderen Küstenanrainern des Sahels leben mit der ständigen Gefahr, dass sich Terror und Gewalt aus den Nachbarländern auch in ihre Gesellschaften fressen“, warnte Baerbock. Friedlicher, demokratischer Wandel eröffne in allen Bereichen neue Perspektiven für mehr Kooperation, da wo Militärputsche in anderen Teilen der Region sie auf absehbare Zeit verstellen. Bei ihrer Reise nehme sie deswegen die ganze Bandbreite der Beziehungen in den Blick – politisch, wirtschaftlich und kulturell.

Mit dem Senegal und der Elfenbeinküste besucht die Bundesaußenministerin zwei der wichtigsten europäischen Partner in Westafrika zu einem Zeitpunkt, in dem die Region sich zu spalten droht. Die Binnenstaaten der Sahelzone, Mali Burkina Faso und Niger, wenden sich nach Militärputschen von Europa ab und Russland zu und haben den Austritt aus dem Regionalblock Ecowas erklärt. Die Küstenstaaten sind dagegen weiter an einer Zusammenarbeit interessiert.

Baerbock wollte in der senegalesischen Hauptstadt Dakar den neu gewählten Präsidenten Bassirou Diomaye Faye sowie ihre Kollegin Yacine Fall treffen. Der Senegal mit rund 18 Millionen Einwohnern ist eine der stabilsten Demokratien Afrikas. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 noch nie einen gewaltsamen Konflikt erlebt.

Baerbock will sich in Dakar das Elektro-Schnellbus-System Bus Rapid Transit (BRT) zeigen lassen. Es ging im Mai in Betrieb und wurde von der Europäischen Investitionsbank und der Weltbank finanziert. Das System soll helfen, die Umweltprobleme der Stadt zu verringern. Deutschland setze „auf Angebote, die den Menschen auf beiden Seiten im Heute nutzen und gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft angehen“, sagte die Ministerin. Das erste elektrische Schnellbus-System Afrikas sei dafür ein Beispiel: Mit deutschem Know-how und der europäischen „Global Gateway Initiative“ trage man dazu bei, dass Senegal seine grüne Transformation vorantreibe und die Menschen im Alltag profitierten.

Die „Global Gateway-Initiative“ der EU sieht vor, in den nächsten Jahren bis zu 300 Milliarden Euro in die Infrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren – auch um der EU mehr globalen Einfluss zu sichern.

Im vergangenen Jahr machte sich eine Rekordzahl an Menschen in Fischerbooten auf die mehr als 1500 Kilometer lange Meeresroute auf die Kanaren, um Europa zu erreichen. Laut UN erreichten 2023 fast 40 000 Migranten aus Afrika die zu Spanien gehörenden Inseln – doppelt so viele wie im Schnitt in den Jahren zuvor. Mindestens rund 1000 Menschen starben oder verschwanden. In diesem Jahr drohen es noch mehr zu werden.

Die Zahl der Flüchtlinge steigt

Erstmals überstieg auf den Kanaren 2023 die Zahl derer, die im mehr als 1500 Kilometer entfernten Senegal abgelegt hatten, die Ankünfte aus dem viel näher gelegenen Marokko. Nach Angaben der EU-Grenzschützer Frontex reisten 2023 etwas mehr als 8500 Menschen aus dem Senegal unautorisiert in die EU ein – nur 2 Prozent aller irregulären Grenzübertritte in dem Jahr, aber deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Senegals Marine fing zusätzlich mehr als 9000 Migranten ab. Ein Grund für den Rekord-Exodus war die schwere Krise zwischen Regierung und der jungen Opposition.

Als Zeitbomben gelten die brutalen Konflikte zwischen Islamisten und Militär in Mali, Burkina Faso und Niger. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks sind dort mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht – etwa vier von fünf bislang in ihren Heimatländern.

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