Wer im Notfall künftig helfen soll

von Redaktion

Die Notaufnahme ist für echte Notfälle vorgesehen – doch sie wird von Patienten oft auch bei nur leichten Erkrankungen aufgesucht. © picture alliance

Berlin – Mit der Reform der Notfallversorgung soll sich für die Patienten einiges ändern. Bei akuten Beschwerden ist heute die Notaufnahme vor allem am Wochenende oder abends die erste Anlaufstelle für viele. Dort herrschen dann meist Stress und Warterei. Künftig sollen die Notfallpatienten besser durch den Gesundheitsdschungel gesteuert werden. Nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss soll die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Parlament beraten werden. Was auf die Versicherten zukommt:

Wo soll man sich künftig hinwenden?

Zwei Neuerungen werden dafür eingeführt: In Akutleitstellen sollen Patienten unter einer bundesweiten Nummer – 116 117 – eine Ersteinschätzung zum weiteren Vorgehen bekommen. Bundesweit sollen zudem sogenannte integrierte Notfallzentren in der Regie von Kliniken aufgebaut werden, an manchen Standorten auch für Kinder und Jugendliche. In den Notfallzentren ist die Notfallaufnahme des Krankenhauses mit einer Notdienstpraxis kombiniert.

Was tun, wenn die Zeit drängt?

Es gibt auch künftig mehrere Möglichkeiten, aber die telefonische Option soll stark ausgebaut werden. Bei der 116 117 soll man in 75 Prozent der Fälle nach spätestens drei Minuten eine Ersteinschätzung bekommen, sonst soll es nur wenig länger dauern. Patienten können von den Fachleuten am Telefon ins nächste Notfallzentrum geschickt werden. Stellt sich der Fall als Notfall heraus, soll er sofort auf die 112 weitergeleitet werden, sodass ein Krankenwagen anrücken kann. Telemedizin-Ärztinnen und -Ärzte können direkt zugeschaltet werden.

Die Telefon-Beratung soll nach der Erwartung der Regierung unnötige Rettungsstellen-Besuche verhindern. Verknüpft werden die Akutleit- mit den Terminservicestellen: Arztbesuche können dann direkt am Telefon in die Wege geleitet werden. Wer über die 116 117 im Notfallzentrum landet, soll dort schneller drankommen.

Was ist das Besondere an Notfallzentren?

Am Empfangstresen der integrierten Notfallzentren (INZ) soll es eine Ersteinschätzung geben: Wohin geht es für die Hilfesuchenden als nächstes – in die Notaufnahme oder eine nahe Notdienstpraxis? Lauterbachs erklärtes Ziel: Patienten sollen dort behandelt werden, wo es am besten und schnellsten geht. Die INZ sollen so im Land verteilt werden, dass mindestens eines stets gut erreichbar ist. Die Öffnungszeiten der angeschlossenen Notdienstpraxen: abends immer bis 21 Uhr – auch an Wochenenden und Feiertagen.

Wenn es doch kein echter Notfall ist?

Die Ärztin oder der Arzt können telefonisch oder per Video einen Praxis- oder Klinikbesuch als nicht nötig erachten. In so einem Fall soll auch ein elektronisches Rezept oder eine elektronische Krankschreibung ausgestellt werden können.

Warum die Reform?

Notaufnahmen und Rettungsdienste sind oft am Limit. Jede und jeder Dritte in einer Notaufnahme wäre nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums in einer Praxis besser aufgehoben. Das liegt auch daran, dass viele schlicht nicht wissen, was sie tun sollen, wenn sie nachts oder am Wochenende plötzlich medizinische Hilfe brauchen. Viele landen beim Rettungsdienst und schließlich erstmal stationär im Krankenhaus.

Was sagen die Ärzte?

Der Hausärzteverband warnte vor einem Scheitern der Reform – denn es fehle am nötigen Personal, zum Beispiel für die ebenfalls vorgesehene Ausweitung von Hausbesuchen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) wirbt für regionale Lösungen zur Patientensteuerung, die den Aufbau von Doppelstrukturen vermeiden. Die KVB betont zudem, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung müsse bereits in Kindergärten und Schulen gestärkt werden.

Artikel 7 von 11