HINTERGRUND

Scholz schließt Lithium-Pakt mit Serbien

von Redaktion

Umstrittenes Rohstoff-Abkommen: Kanzler fliegt überraschend auf den Balkan

Olaf Scholz neben dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und Milos Vucevic (v. links). © Foto: Kappeler/dpa

Belgrad – Trotz jahrelanger Proteste von Umweltschützern macht Serbiens Regierung den Weg frei für einen massiven Lithium-Abbau im Westen des Landes. Nach ersten Erkenntnissen soll sich im betroffenen Gebiet, dem Jadar-Tal, eines der größten Lithium-Vorkommen Europas befinden. Damit dürfte Serbien zu einem der begehrtesten Handelspartner des Kontinents werden. Denn Lithium ist einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt: unerlässlich in der Batterieherstellung und der Elektronik und damit sowohl für Elektroautos wie Smartphones absolut notwendig.

Bei einem in Belgrad stattfindenden Gipfel zu sogenannten kritischen Rohstoffen wurde am Freitag eine Absichtserklärung zwischen Serbien und der EU-Kommission unterzeichnet. Ziel: eine strategische Partnerschaft zu nachhaltigen Rohstoffen, Batterie-Wertschöpfungsketten und Elektrofahrzeugen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte Serbiens Entscheidung zum Abbau des Leichtmetalls: Dieser Mut komme „zur richtigen Zeit und für die richtige Sache“, sagte er am Freitag nach Vertragsunterzeichnung. Der Bergbau werde dabei „unter höchsten Umweltstandards“ erfolgen. Deutschland werde mit dem nötigen Know-how zur Seite stehen. „Darauf müssen sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort verlassen können und sie können es auch“, sagte Scholz.

Dass für Deutschland mit der Lithium-Gewinnung in Serbien neue Möglichkeiten im Raum stehen, ist außer Frage. Denn eine Förderung dieses Rohstoffes in Europa würde die wirtschaftliche Unabhängigkeit zu Ländern wie China, Indien und den USA vorantreiben. Vor allem in der deutschen Automobilindustrie wäre dies ein wichtiger Schritt. Nach Schätzungen des britisch-australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto, der am Abbau hauptsächlich beteiligt sein wird, könnten im Jadar-Tal jährlich rund 58 000 Tonnen Lithium produziert werden – das reicht für 1,1 Millionen Elektroautos.

Was solche Größenordnungen konkret für die wirtschaftliche Stellung Europas bedeutet, weiß Jakov Devcic, Leiter des Auslandsbüros für Serbien und Montenegro der Konrad-Adenauer-Stiftung: „Im globalen Wettbewerb um Rohstoffe kann das Lithium-Projekt in Serbien ein Wendepunkt für Deutschland und die Europäische Union sein. Das 2,4 Milliarden US-Dollar große Projekt kann 90 Prozent des aktuellen Lithiumbedarfs in Europa decken.“

Dass Scholz dafür persönlich in Belgrad vorbeischaut, ist für Devcic keine Überraschung. „Es ist gut und richtig, dass Deutschland sich hier so stark engagiert“, sagt er. Strategisch sei der Westbalkan von großer Bedeutung. „Deutschland wird Serbien helfen, dass eine ökonomisch sinnvolle Lieferkette aufgebaut wird.“ Es ginge letztlich nicht nur um den Abbau des Rohstoffs, sondern auch um die Fertigung von Elektrobatterien und anderen Komponenten.

Und doch – ein Beigeschmack bleibt: Denn die Bedenken von Umweltschützern hinsichtlich negativer Folgen für die Natur und die öffentliche Gesundheit bleiben. Doch Devcic sieht dem Projekt positiv entgegen: „Deswegen ist es gut, dass das Projekt im Rahmen der europäischen Verordnung zu kritischen Rohstoffen gefördert wird“, sagt er. So werde sichergestellt, dass die Umweltstandards eingehalten werden. Der Abbau soll voraussichtlich im Jahr 2028 beginnen.
LISA METZGER

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