Republikaner wollen Biden stürzen

von Redaktion

Nicht fit genug für den Wahlkampf – Trotzdem bleibt der US-Präsident noch bis Januar im Amt

US-Präsident Joe Biden verlässt die Air Force One. © Martin/dpa

München/Washington – Joe Biden hat versucht, die Angriffsfläche möglichst klein zu halten – vergeblich. Es sei im „besten Interesse“ seiner Partei und des Landes, wenn er auf seine Kandidatur verzichtet, schreibt er in seinem Brief an die Nation. Das war‘s auch schon zu den Gründen für seinen Rückzug. Kein Wort zu seiner körperlichen oder geistigen Fitness. Kein Wort zu den Vorwürfen, er sei zu alt, zu senil, um noch mal als Präsident anzutreten. Verwunderlich ist das nicht: Schließlich will er noch sechs weitere Monate eine Weltmacht weiterregieren.

Für die Republikaner hingegen ist nun klar, dass Biden sofort das Weiße Haus verlassen muss. Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, hat den US-Präsidenten zum sofortigen Rücktritt aufgefordert. „Wenn Joe Biden nicht geeignet ist, um für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist er nicht geeignet, um als Präsident zu dienen. Er muss das Amt sofort niederlegen“, erklärte Johnson.

Senator Steve Daines aus New York behauptete, der US-Präsident habe „den härtesten Job der Welt“ – inzwischen fehle das Vertrauen, dass Biden dem gerecht werden könnte. Die republikanische Abgeordnete Nancy Mace sagte: „Er hat nicht die geistige Schärfe oder die kognitiven Fähigkeiten, eine politische Kampagne zu führen, kann aber noch sechs Monate als Präsident dienen? Er sollte zurücktreten.“ Sie kündigte sogar an, noch in dieser Woche eine Resolution in den Kongress einzubringen, in der Vizepräsidentin Kamala Harris aufgefordert wird, Biden mit dem 25. Verfassungszusatz zu stürzen. Als Voraussetzung für den Zusatzartikel gilt, dass der Präsident „unfähig“ ist, die Pflichten und Vollmachten seines Amts auszuüben – Harris würde dann automatisch das Amt der Präsidentin übernehmen.

Vor diesem Hintergrund sorgte auch ein Interview von Bidens jüngeren Bruder Frank Biden (71) für Wirbel: „Meiner bescheidenen Meinung nach hat der Rückzug mit seiner allgemeinen Gesundheit und Vitalität zu tun“, so der Bruder gegenüber ABC News. „Nichts Kognitives. Aber er ist ein stolzer Kerl, es macht ihn wütend, dass er beim Gehen schlurft.“

Eine Joe Biden nahestehende Quelle widersprach: „Frank Biden leidet unter Alkoholismus und hat seit Wochen nicht mit seinem Bruder gesprochen. Was er sagt, ist absolut unwahr.“

Das Weiße Haus bekräftigte, dass Biden bis zum Stichtag am 20. Januar Präsident bleiben werde: Er „freue sich darauf, seine Amtszeit zu beenden und weitere historische Ergebnisse für das amerikanische Volk zu erzielen“. Biden-Mitarbeiter und Verbündete haben die Aufforderung der Republikaner als beleidigend und unangebracht zurückgewiesen. „Ich werde einen höflichen Ausdruck verwenden: völlig taktlos und schamloser Unsinn“, sagte US-Senator Richard Blumenthal gegenüber „Politico“.

Ein sofortiger Rücktritt Bidens als US-Präsident böte für die Demokraten auch Vorteile: In der Folge wäre automatisch Kamala Harris Präsidentin. Sie könnte mit dem Amtsbonus in den Wahlkampf gehen und könnte sich einen für die Wähler attraktiven neuen Vizepräsidenten suchen, etwa einen Gouverneur der für die Wahlen entscheidenden Swing States. Andererseits müsste sich Harris innerhalb von kürzester Zeit ins Amt der mächtigsten Frau der Welt einarbeiten und gleichzeitig auf den Wahlkampf gegen Donald Trump konzentrieren – allein zeitlich könnte das eng werden. Biden, der sich noch diese Woche mit Benjamin Netanjahu treffen will, könnte ihr als Präsident im Wahlkampf den Rücken freihalten.
K. RIMPEL, K. BRAUN

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