Viele kleine Renten nach 45 Jahren

von Redaktion

Berlin – Nach 45 Versicherungsjahren kommen Menschen in Deutschland im Schnitt auf eine Rente von 1604 Euro brutto überwiesen. Rund jeder Fünfte aus der Gruppe der besonders langjährig Versicherten erreicht allerdings keine 1200 Euro. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung an Sahra Wagenknecht, Chefin der Bundestagsgruppe BSW. Bei rund 1,08 von 5,24 Millionen Altersrenten mit mindestens 45 Versicherungsjahren lag der Rentenzahlbetrag Ende vergangenen Jahres demnach unter 1200 Euro im Monat. Bei den Versicherungsjahren werden neben Jahren der Beschäftigung, in denen Rentenbeiträge gezahlt werden, auch andere Lebensphasen wie Wehrdienst, Studium oder Zeiten der Kindererziehung angerechnet.

„1604 Euro Durchschnittsrente nach mindestens 45 Arbeitsjahren – dieser Wert zeigt, wie leistungsschwach die deutsche Rentenversicherung ist“, sagte Wagenknecht. „Dass jeder fünfte Rentner nach 45 Arbeitsjahren sogar weniger als 1200 Euro Rente bekommt, ist ein politischer Skandal.“ Der anstehende Bundestagswahlkampf wird nach der Erwartung Wagenknechts auch eine Volksabstimmung über die gesetzliche Rente, wie die frühere Linksfraktionschefin sagte. „Die Deutschen sollten sich derart niedrige Renten, die dann auch noch hoch besteuert werden, nicht länger bieten lassen“, sagte sie.

Das Bundessozialministerium wirbt für einen differenzierten Blick auf das Thema: Die 1604 Euro Rente nach 45 Versicherungsjahren seien ein Durchschnittswert, sagte ein Sprecher in Berlin. Dort flössen auch niedrige Renten ein. Niedrige Renten haben mehrere Ursachen. Viele Selbstständige, Beamte oder Hausfrauen können zum Beispiel eine sehr kleine gesetzliche Altersrente beziehen, weil sie irgendwann in ihrem Leben mindestens fünf Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung erläutert. Fünf Jahre sind die Mindestdauer für eine Rente. Als rentenmindernd bei vielen westdeutschen Frauen gelten zudem längere Arbeitspausen, mehr Teilzeit und niedrigere Löhne.

Die Rente sei zwar die wichtigste Alterseinkunft. Daneben gebe es aber auch noch Pensionen, Betriebs- oder Privatrenten. „Die müssen auch berücksichtigt werden. Dann ergibt sich ein ganz anderes Bild“, sagte der Ministeriumssprecher. Aus der Rentenhöhe könne nicht auf die Höhe des Einkommens insgesamt geschlossen werden, heißt es auch in der Antwort des Ministeriums an Wagenknecht. Verwiesen wird daneben auf den Haushaltskontext – also Fälle von meist Partnerinnen mit kleiner Rente, aber auskömmlicher Gesamtsituation.

„In den letzten Jahren sind die Renten mit den Löhnen recht ordentlich gestiegen“, sagte Martin Rosemann, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales. Er betonte, die aktuelle Reformgesetzgebung („Rentenpaket II“) sorge dafür, dass die Renten auch in Zukunft mit den Löhnen stiegen. Durch die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt und Reformen in der Vergangenheit stehe auch die gesetzliche Rentenversicherung gut da. Klar sei aber auch, dass die Rentenhöhe einen Spiegel der Erwerbsbiografie darstelle.

Weitere Zahlen aus der Regierungsantwort: Die durchschnittliche Rente nach 45 Versicherungsjahren lag im Dezember 2023 im Westen bei 1663, im Osten bei 1471 Euro. Wagenknecht hatte speziell nach den Renten nach mindestens 45 Jahren gefragt. Bei den Durchschnittsrenten sieht es anders aus: Sie sind im Osten höher als im Westen – denn viele haben hier länger gearbeitet, vor allem Frauen.

Wagenknecht fordert, Deutschland möge sich ein Beispiel an einem Nachbarland nehmen – Österreich. Dort liege die Durchschnittsrente für langjährig Versicherte 800 Euro höher. Als Hauptgrund gilt eine Rentenreform vor rund 20 Jahren: Fast alle Erwerbstätigen zahlen im Nachbarland in die gesetzliche Rentenkasse ein, auch die Staatsbeschäftigten. Sowohl der Steuerzuschuss für die Rente als auch die Beitragssätze sind noch höher als in Deutschland, und zwar deutlich. Der Arbeitgeber zahlt dabei mehr als der Arbeitnehmer. Eine Rente bekommt man in Österreich auch erst nach 15 Jahren. Auch deshalb sind die Durchschnittsrenten höher.

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