Vielflieger zur EM: Scholz und Giffey. © dpa
München – Es standen zwar keine deutschen Fußballer auf dem Platz, aber der Gesundheitsminister hatte trotzdem einen schönen Abend. „Unfassbar spannendes Spiel. Volles Risiko. Der Ausgleich nicht unverdient. Bisher zwei Europameister auf dem Platz“, twitterte Karl Lauterbach am 14. Juli während des EM-Finales zwischen Spanien und England aus dem Berliner Olympiastadion. Dazu postete er ein Foto von seinem zentralen Haupttribünen-Platz mit bestem Blick aufs Spielfeld. Nach dem Abpfiff bilanzierte Lauterbach euphorisch: „Eine tolle EM, auch für Deutschland.“
Eine nicht ganz so tolle EM war es hingegen für den deutschen Steuerzahler. Denn allein die Flüge deutscher Regierungsmitglieder zu den Spielen kosteten ihn 531 000 Euro. Das ergibt sich aus einer Antwort des für die Flugbereitschaft zuständigen Verteidigungsministeriums auf eine Frage des Linken-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann. Vier der sechs aufgeführten Flüge wurden vom Bundeskanzleramt für Olaf Scholz geordert, andere Kabinettsmitglieder wie Innenministerin Nancy Faeser, die für Sport zuständig ist, oder eben Lauterbach flogen mit.
Allein Faesers Flug von Frankfurt nach München zum Eröffnungsspiel Deutschlands gegen Schottland belief sich mit dem Rückflug nach Berlin auf 55 307 Euro. Ein Schnäppchen im Vergleich zum teuersten Flug des Kanzlers von Berlin nach Stuttgart und zurück zum Spiel Deutschland – Ungarn am 19. Juni. Dieser kostete 114 487,41 Euro. Dagegen war der Stuttgart-Flug zum Spiel gegen Spanien am 5. Juli mit 104 080 Euro mehr als 10 000 Euro billiger.
Auch der Ausflug zum deutschen Spiel gegen die Schweiz am 23. Juni in Frankfurt belief sich auf 112 071 Euro. An Bord diesmal: Scholz, Lauterbach und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Dieses Spiel hatte der Regierung bereits während der EM einigen Ärger eingebracht. Damals wurde bekannt, dass Außenministerin Annalena Baerbock trotz Nachtflugverbots um 23.54 Uhr nach Luxemburg weitergeflogen sei. Luftlinie 184 Kilometer. Da die Grünen sonst gegen Flugverkehr wettern und sich vor Ort für Nachtflugverbote einsetzen, hagelte es Kritik. Baerbock selbst hatte als Kanzlerkandidatin gesagt, Kurzstreckenflüge solle es „perspektivisch nicht mehr geben“. Laut der neuen Auflistung schlug ihr Kurzflug mit 47 040 Euro zu Buche.
„Wer für sechs angebliche Dienstreisen Kosten von über einer halben Million Euro verursacht, ist entweder völlig verantwortungslos oder endgültig abgehoben“, sagte Pellmann, Vorsitzender der Linke-Gruppe im Bundestag, der „Welt“. Die Flugbereitschaft dürfe „nicht die alternative Reisemöglichkeit für ein abendliches Unterhaltungsprogramm der Bundesregierung sein“, fügte er hinzu. „Vermutlich aber ist die Flugbereitschaft aufgrund der kaputtgesparten Bahn für die Ministerinnen und Minister und den Kanzler das angenehmere Reisemittel.“
Die Linke nimmt auch Kanzler Scholz direkt ins Visier. Während echte Fans tief in die Tasche greifen mussten, saß die Kanzler-Gattin mehrfach auf Premiumplätzen – und das kostenlos beziehungsweise auf Kosten der Allgemeinheit“, kritisierte der Abgeordnete Christian Görke. Die sogenannten Ehrenkarten seien eigentlich ausschließlich Repräsentanten der Verfassungsorgane vorbehalten. Laut „Welt“ konterte das Bundesinnenministerium den Vorwurf: „„Es ist seit Jahrzehnten tradierte Staatspraxis, dass sich die Spitzen der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland bei Veranstaltungsbesuchen von ihren Partnern oder Partnerinnen begleiten lassen können.“ Auf den vielen Fotos von Angela Merkel bei Länderspielen sucht man ihren Ehemann Joachim Sauer allerdings vergeblich.
MIK