Ladenschluss bleibt bei 20 Uhr

von Redaktion

Was passiert nachts im Kaufhaus? In Bayern bisher eher wenig. Und das bleibt so, denn für den Ladenschluss gibt es nur wenige Ausnahmen. © Muhs/dpa

München – Das Gesetz mit dem drolligen Kürzel „LadSchlG“ hat fast sieben Jahrzehnte gehalten. 1956 hat der Bund das Gesetz erlassen, wann Läden frühestens zu öffnen und spätestens zu schließen haben, seither galt es auch in Bayern. 18:30 Uhr war anfangs Feierabend, später 20 Uhr. Nun erlässt der Freistaat ein eigenes Gesetz. An den „Eckpfeilern“ werde aber nicht gerüttelt, sagt Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU). 6 bis 20 Uhr an Werktagen, nicht länger.

Ein Überblick über den neuen Gesetzentwurf von CSU und Freien Wählern: Sonntags bleiben die Läden zu. Viermal können Städte und Gemeinden verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage verfügen, achtmal lange Einkaufsnächte bis 24 Uhr. Die dafür notwendigen Erklärungen und Formalien werden entrümpelt. Neu ist zudem, dass einzelne Geschäfte viermal im Jahr bei sich eine lange Nacht starten dürfen, ohne um Erlaubnis zu bitten. Musterfall: ein Buchhändler, der nach einer Lesung noch Bücher verkaufen will – zum Beispiel eine Pyjama-Party für den neuen Harry-Potter-Band, die in Bayern in dieser Form spätabends bisher verboten wäre.

Sonderregeln wird es für automatisierte Kleinsupermärkte bis 150 Quadratmeter geben. Sie sollen rund um die Uhr öffnen dürfen, auch sonntags, wenn die Gemeinde nichts anderes regelt. Bedingung: Nachts darf dort niemand arbeiten. Das klingt nach surrenden Hightechläden in der Stadt – geht aber auch um den kleinen automatisierten Hofladen am Land. Außerdem sollen die im Detail etwas kuriosen Regeln für den Sonntagsverkauf in Tourismusorten gelockert werden.

Die Staatsregierung will das als großen Erfolg und Kompromiss präsentieren. Man habe „mit allen Interessengruppen gesprochen“, sagt Scharf, „es war ein dickes Brett“. Ihr Gesetz diene dem Arbeitnehmerschutz, nicht der Wirtschaftsförderung. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) räumt ein, es gebe einen „Zielkonflikt. Aus Sicht der Städte könnte es Sinn machen, länger zu öffnen.“ Dann aber drohe, so glaubt er, ein Kaufkraftabfluss von Land zur Stadt.

Hinter den Kulissen gab und gibt es kontroverse Debatten auch in der CSU. Und das seit Jahrzehnten, legendär ist eine Kampfabstimmung in der CSU-Fraktion vor 20 Jahren, die mit einem 51:51-Patt endete. Diesmal sind es wesentliche Teile der Jungen Union, die sich per offenem Brief zu Wort gemeldet und damit die Parteiführung nicht erfreut haben. Der Unmut vieler Wähler nehme zu, argumentiert die JU. Die „besitzstandswahrende Haltung“ werde man langfristig nicht durchhalten. „Es ist an der Zeit, eingefahrene Denkmuster abzulegen.“

Im Ministerrat wurden solche Bedenken gestern verworfen. Das letzte Wort hat der Landtag. Ob sich dort im Herbst noch Mehrheiten für eine Nachbesserung des Gesetzentwurfs finden, ist ungewiss. Bei den Freien Wählern gibt es einzelne Befürworter längerer Öffnungen, etwa den Münchner Abgeordneten Michael Piazolo. Aus der Jungen Gruppe der CSU kommt ein eher längerfristiger Anstoß. Ihr Vorsitzender Maximilian Böltl lobt den Entwurf gerade mit Blick auf digitale Kleinstsupermärkte und kommunale Einkaufsnächte. Er hebt die Testklausel hervor, wonach jeder Händler viermal pro Jahr länger öffnen dürfe, und sagt, das schaffe „neue Spielräume und kann evaluieren, was nach 20 Uhr vor Ort möglich und personell machbar ist“.

Die Landtags-Grünen loben das Gesetz im Kern, fordern aber weiteren Bürokratieabbau für Einzelhändler. Die Anzeigepflichten seien ein unnötiger Aufwand. Die FDP, nicht mehr im Landtag, rügt den Entwurf scharf als „mutloses Reförmchen“. Die Regierung habe die Chance nicht genutzt, „endlich flexiblere Öffnungszeiten nach 20 Uhr zu ermöglichen“, sagt Landeschef Martin Hagen. Die Industrie- und Handelskammer sieht „ein wichtiges Signal für mehr Öffnungsmöglichkeiten“. Demgegenüber warnt der Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese, die Einkaufsnächte „schießen deutlich über das Ziel hinaus“.

Zum Vergleich: Öffnungen bis Mitternacht sind in den Nachbarländern Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen sowie fast im kompletten Bundesgebiet erlaubt, bis 22 Uhr in Sachsen. 20 Uhr gilt außer in Bayern im Saarland.

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