Warum die EU-Klage so schädlich ist

von Redaktion

Brüssel gegen Bayerns Familiengeld

2018 war der junge Ministerpräsident Markus Söder recht großzügig im Versprechen staatlicher Leistungen. Zum Leidwesen seines Finanzministers hat er die Zusagen eingehalten. Das bundesweit einzigartige Familiengeld wurde damals in Zeiten vollerer Kassen geboren, ganz ohne Einkommensgrenzen. Umso wunderlicher erscheint nun die Klage der EU-Kommission: Zu geizig sei Bayern, zahle die 800 Millionen pro Jahr diskriminierend aus. Vielleicht findet sich im Brüsseler Paragrafenwerk eine Grundlage für die Klage. Politisch ist das EU-Gejammer fatal.

Im Kern hat die Staatsregierung nämlich Recht mit genau dem von der EU beklagten Passus (sie sollte sogar noch schärfer vorgehen): Familien, deren Kinder in anderen EU-Staaten leben, erhalten nur einen gekürzten Satz. Es ist der Versuch, die bayerische Sozialleistung an die Lebenshaltungskosten vor Ort anzunähern. Oder, in deutlicheren Worten: ein Ansatz einer Handhabe gegen grenzüberschreitende Sozialbetrüger. Es ist auch so noch hoch lukrativ, für Kinder in (zum Beispiel) Rumänien oder Bulgarien Bayerns Familiengeld zu beziehen, mit steigender Familiengröße immer effektiver. Das rumänische Kindergeld liegt bei zehn Euro, Söders Leistung erreicht ungekürzt das 25- bis 30-Fache. Kein Generalverdacht, bitte – aber die Sorge, dass da riesige Fehlanreize bestehen und genutzt werden, drängt sich auf.

Die EU-Klage zielt nicht auf Fairness, auf einen aufmerksamen Staat, der seine Hilfen klug steuert – sondern auf blinde Gleichmacherei ohne Achtung der Umstände. Das ist, wie in der Sozialpolitik generell, der falsche Ansatz. Vermutlich wird die Klage der Anlass sein, dass Bayern das Familiengeld insgesamt überarbeitet. Besser wird‘s kaum. Christian.Deutschlaender@ovb.net

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