KOMMENTARE

Den Automatismus der Rache stoppen

von Redaktion

Raketenangriff auf dem Golan

Seit dem 7. Oktober schwelt die Sorge, dass sich der Krieg Israels mit der Hamas zum Flächenbrand ausweiten könnte. Der schockierende Raketenangriff auf Kinder und Jugendliche beim Fußballspielen könnte nun tatsächlich der Funke sein, der das Pulverfass hochgehen lässt. Doch noch besteht Hoffnung, dass Vernunft über Emotion siegt. Denn es gibt viele Gründe, zurückhaltend auf diesen Raketenangriff zu reagieren, selbst wenn wenig Zweifel bestehen, dass die vom Iran unterstützte Hisbollah dahintersteckt. Israelische Militär-Experten gehen davon aus, dass die ungenaue Rakete iranischer Bauart eigentlich eine israelische Militärbasis auf dem Berg Hermon treffen sollte – es war also wohl kein perfider Angriff mit dem Ziel, israelische Zivilisten zu töten. Und auch wenn es aus israelischer Sicht ein Angriff auf Israel war – für die Weltgemeinschaft (und wohl auch für die jetzt vom Angriff betroffenen Drusen) gehören die Golanhöhen noch immer zu Syrien, ist die Region besetztes Gebiet. Auch wenn es für die Angehörigen der getöteten Kinder natürlich keinen Unterschied macht – politisch ist es sehr wohl etwas anderes, wenn Israel direkt oder wie in diesem Fall die besetzten Gebiete angegriffen werden.

Doch steht zu befürchten, dass Benjamin Netanjahu die Ausweitung des Krieges gegen die Hisbollah allein deshalb will, weil es seine wacklige Regierungsmacht sichert. Nur mit dem Verweis auf den Kriegs-Notstand kann er sich den immer drängenderen Forderungen nach Neuwahlen entgegenstemmen. Dabei bietet auch der Kriegsverlauf im Gazastreifen mehr als genug Rücktrittsgründe für Netanjahu: Selbst in Gaza-Stadt, das gleich zu Beginn der nun schon seit fast zehn Monaten laufenden Militäroffensive eigentlich von der Hamas „gesäubert“ werden sollte, wird immer noch gekämpft. Das Ziel, die Hamas auszulöschen, ist gescheitert. Der Horror, den die palästinensischen Zivilisten erleben, erschafft eine neue Generation fanatischer Judenhasser. Netanjahus Kurs bringt keine Sicherheit, sondern legt die Basis für noch mehr Gewalt. Klaus.Rimpel@ovb.net

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