Eine überflüssige Provokation

von Redaktion

Olympia: Dragqueens als Apostel

Es bleibt ein Schatten über der Olympia-Eröffnungsfeier: Natürlich kann die Szene religiöse Gefühle verletzen, das letzte Abendmahl mit den Aposteln als Dragqueens nachzustellen. Da wird Religion vorsätzlich – nicht aus Versehen – benutzt für die berechtigte Forderung, dass das queere Leben selbstverständlich zu allen Bereichen unserer Gesellschaft gehören muss. Eigentlich ist die Botschaft in der Mitte (und auch bei den Klügeren unter den Kirchenleuten) längst so klar angekommen, dass es Provokation und Überzeichnung in diesem Ausmaß gar nicht bräuchte. Und auch adressiert das Bild die Falschen: Jene Gruppen, die Homosexualität und gelebtes Anderssein hassen, bündeln sich in extrem rechten Milieus oder aber in bestimmten Zuwanderergruppen; mit Kirche und dem Abendmahl können beide wenig anfangen.

Ja, man hätte sich diese Szene besser gespart. Ein epischer Eklat steckt darin aber auch nicht. Parodien auf das Da-Vinci-Gemälde, in das übrigens nicht nur christliche Symbolik einfloss, gab es viele, etwa mit den US-Comicfiguren „Simpsons“. Die Kirche in ihrer jahrtausendealten Geschichte hat dies und Schlimmeres überstanden. Und sie hat wahrlich aktuell größere Probleme, vor allem selbstverursachte. Was noch hilft im Umgang mit der Aufregung, ist der Gedanke, was los wäre, wenn der Prophet Mohammed hier als Dragqueen dargestellt worden wäre – die islamische Welt, also auch die französischen Vorstädte, würde brennen. Genau das sollte auch jenen, die diese eine Szene der Eröffnungsfeier für falsch halten oder zumindest für doof, eine Reaktion ans Herz legen: Gelassenheit. Gespeist auch aus der Gewissheit, dass der eigene Glaube von sowas nicht erschüttert wird. Christian.Deutschlaender@ovb.net

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