Er gerät zunehmend unter Druck: Donald Trumps derzeitiger Vize-Kandidat J. D. Vance. © S. Maturen/AFP
Washington – Seit seiner Ernennung zum Vize von Donald Trump ist James David Vance mehr damit beschäftigt, für Schadensbegrenzung zu sorgen, als für seinen potenziellen Präsidenten zu werben. Der 40-jährige Republikaner hat sich bereits mit einigen Aussagen in Teilen der Bevölkerung sehr unbeliebt gemacht. Nun hat die „New York Times“ auch noch alte E-Mail-Verläufe von Vance veröffentlicht, die ihn bei seinem Boss alles andere als beliebt machen dürften.
In den rund 90 geleakten E-Mails, die die Zeitung von einem ehemaligen Studienfreund von Vance erhalten hatte, tauschen sich die beiden damaligen Studenten über Trump aus. Die E-Mails stammen aus den Jahren vor Trumps Wahlsieg und reichen in seine Amtszeit als Präsident hinein. Vance bezeichnete Trump damals als „Demagogen“ und als „moralisch verwerfliche Person“, sogar der Vergleich als „Amerikas Hitler“ sei vorgekommen. In einer Mail von 2014 schrieb er über die Tötung eines Afroamerikaners durch einen Polizisten: „Ich hasse die Polizei.“ Und: „Je mehr weiße Leute Trump wählen wollen, desto mehr werden schwarze Leute leiden.“ Überraschend also, dass ausgerechnet dieser Student nun das Sprachrohr an Trumps Seite im Wahlkampf ist.
Vance kommt aus der Erklärungsnot kaum noch raus. Für Aufruhr sorgt auch, dass der 40-Jährige „kinderlose Frauen als Katzen-Ladys“ beschimpft hat, „die mit sich und den Entscheidungen, die sie in ihrem Leben getroffen haben, unglücklich sind.“ Im Netz erntet das seit Tagen scharfe Kritik – auch von Hollywood-Star Jennifer Aniston. „Mr Vance, ich bete dafür, dass ihre Tochter eines Tages selbst Kinder gebären kann“, schreibt die 55-Jährige in einem Instagram-Beitrag. Sie selbst habe sich etlicher Fruchtbarkeits-Behandlungen unterzogen, sagt die Schauspielerin weiter, mit Kindern habe es dennoch nicht geklappt.
Vance, der als Hardliner auch gegen das Recht auf Abtreibung ist, könnte mit solch unglücklichen Äußerungen sogar eine Gefahr für Trump werden. Unlängst forderte der 40-Jährige auch eine höhere Steuerlast für diejenigen, die keine Kinder bekämen. Aussagen, die selbst die konservative Zeitung „The Wall Street Journal“ als abschreckend für viele potenzielle Wählerinnen sieht.
Der Trump-Vize versucht sich nun herauszuwinden: So rechtfertigte er, dass er mit der „Katzen-Lady“-Aussage nie Frauen kritisieren wollte, sondern nur darauf hinweisen wollte, dass die Demokratische Partei „familien- und kinderfeindlich“ geworden ist. Statt mehr Steuern für kinderlose Frauen und Männer zu fordern, beschwichtigt er nun, er wolle lediglich die Steuerlast für Familien senken – zu dem Zeitpunkt wird er aber bereits Millionen arbeitende US-Amerikaner vor den Kopf gestoßen haben.
Und nun das: alte E-Mails, die Vance auch bei den Republikern ins Abseits schicken könnten. Der 40-Jährige beteuert zwar, dass sich seine Ansichten gegenüber Trump geändert hätten. Ob das ausreicht, ist aber noch völlig offen. Fakt ist: Immer mehr Parteifreunde sind inzwischen gegen ihn.
Laut dem TV-Host und Republikaner-Analyst Ben Shapiro bereue Trump seine Entscheidung für Vance bereits. Und auch Trumps Ex-Kommunikations-Chef Anthony Scaramucci spekuliert, dass die Trennung von Vance für Trump nur noch „eine Frage der Zeit“ sei. Währenddessen holt Kamala Harris den Umfragen zufolge immer mehr auf. Inzwischen liegt sie sogar vor ihrem 78-jährigen Konkurrenten.
LISA METZGER