Explosive Stimmung beim Protest gegen die Festnahme israelischer Soldaten. © AFP
Auf dieses Haus in Beirut flog Israels Militär am Dienstag einen Luftschlag. Es habe sich um einen „gezielten Angriff“ auf einen Hisbollah-Kommandeur gehandelt, hieß es. © Hussein Malla/dpa
Tel Aviv/Beirut – Drei Tage nach einem tödlichen Raketenangriff auf den Golanhöhen hat Israel in der libanesischen Hauptstadt Beirut einen „gezielten Angriff“ auf einen Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah durchgeführt. Das berichtete die israelische Armee. Zuvor war im Süden Beiruts eine Explosion zu hören.
Bei dem Kommandeur soll es sich um Fuad Shukr handeln. Er sei für den Tod der bei dem Raketenangriff auf die drusische Ortschaft Madschdal Schams getroffenen Kinder und Jugendlichen sowie weiterer israelischer Zivilisten verantwortlich, hieß es weiter. Ob Shukr getötet wurde, war zunächst nicht klar. Die Hisbollah behauptete, er habe den Luftschlag überlebt. Es habe aber einen Toten und dutzende Verletzte gegeben.
Shukr gilt als enger Berater von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und zählt zu den höchsten Militärkommandeuren in der Bewegung. Er ist laut US-Regierung Mitglied des höchsten militärischen Gremiums der Hisbollah. Seit 2017 wird er von US-Behörden wegen Verstrickungen in einen Anschlag auf US-Truppen in Beirut 1983 gesucht.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant schrieb bei X: „Die Hisbollah hat eine rote Linie überschritten.“ Bereits am Nachmittag war bei einem Raketenangriff auf den Norden Israels nach Angaben von Rettungskräften ein Zivilist getötet worden. Zuvor hatte es in Orten an der Grenze zum Libanon Raketenalarm gegeben.
Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von einem „feindlichen Überfall“ im Beiruter Vorort Haret Hreik. Der Hisbollah-nahe Sender Al-Manar zeigte Bilder von chaotischen Szenen. Mindestens vier Gebäude seien bei dem Angriff beschädigt worden. Wie im TV zu sehen war, riefen Menschen auf der Straße: „Gott segne Nasrallah“ oder „Netanjahu wird den Preis dafür zahlen.“ Augenzeugen berichtete, dass der Angriff auf ein achtstöckiges Gebäude zielte. Demnach sei das Obergeschoss getroffen worden.
Nachdem am Samstag bei einem Raketenangriff in der drusischen Ortschaft Madschdal Schams auf den von Israel annektierten Golanhöhen mindestens zwölf Menschen getötet wurden, hatte die israelische Regierung einen Vergeltungsschlag angekündigt. Sie macht die Hisbollah für den Angriff verantwortlich. Die Schiitenmiliz wies die Schuld von sich. Sie habe mit dem Angriff nichts zu tun.
Der Vorfall hatte die Sorge vor einer Eskalation des Gaza-Kriegs geschürt. Das Weiße Haus in Washington dringt nachdrücklich auf eine diplomatische Lösung. „Wir glauben nicht, dass ein breiter Krieg unvermeidlich ist“, sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre. Den israelischen Angriff in Beirut kommentierte die Sprecherin nicht direkt, sie verwies auf Israels Militär.
Derweil wachsen die Spannungen zwischen Israel und der Türkei. Nach Drohungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat der israelische Außenminister Israel Katz einen Ausschluss der Türkei aus der Nato gefordert. „Erdogan hat die Türkei zu einem Mitglied der iranischen Achse des Bösen gemacht“, sagte Katz am Montagabend. Die Türkei sei Gastgeber der islamistischen Terrororganisation Hamas. Katz rief alle Nato-Mitgliedstaaten dazu auf, „die Türkei sofort auszuschließen“.
Erdogan hatte Israel zuvor mit militärischer Einmischung gedroht. „So wie wir in Berg-Karabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun“, sagte er mit Blick auf Israel. Katz sagte, die Türkei habe massiv gegen Nato-Grundsätze verstoßen, indem sie „damit gedroht hat, ohne Provokation in ein demokratisches westliches Land vorzudringen“. Die westliche Welt müsse Erdogans „zerstörerische Aktivitäten stoppen“.
Auch innerhalb Israels tun sich Konflikte auf. Verteidigungsminister Galant verurteilte gewaltsame Proteste gegen die Festnahme von Soldaten scharf und nannte sie eine „schwere Gefährdung der Staatssicherheit“. Israelische Militärpolizisten hatten am Montag neun Soldaten festgenommen, weil sie einen Hamas-Terroristen so schwer sexuell misshandelt haben sollen, dass er in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Dann drangen Demonstranten ins Lager ein, um gegen die Festnahmen zu protestieren.
DPA/KNA