Die Rochade bei den Demokraten hat Donald Trump ganz offensichtlich nervös gemacht: Die ganze Wahlkampfkampagne der Republikaner hat bislang allein auf das Alter von Joe Biden gezielt – jetzt prallen all die Angriffe gegen „Sleepy“ Joe auf Trump zurück, der nun mit seinen 78 Jahren gegen eine junge, agile Frau konkurriert. Dem Ex-Präsidenten fehlt ein Plan B: Er findet bei Kamala Harris keine anderen Angriffsflächen als ihr Lachen und ihren angeblichen Juden-Hass (dabei ist sie mit einem verheiratet). Oder er beschimpft sie einfach als Pennerin.
Für die Demokraten kommt nun der entscheidende Moment: Harris könnte jetzt mit einer frischen Wahlkampfstrategie punkten. Stattdessen fährt sie die „Trump-ist-alt-und-ziemlich-seltsam“-Taktik. Mal davon abgesehen, dass mit „seltsam“ die Bedrohung der Demokratie durch Donald Trump verharmlost wird – sie begibt sich dazu auch noch in eine Schlammschlacht, die sie nicht gewinnen kann. Denn kaum jemand ist so gut darin, Menschen gegen etwas oder jemanden aufzubringen (man erinnere sich an den Sturm aufs Kapitol) wie Trump.
Harris täte besser daran, die Aufmerksamkeit von Trump wegzulenken – und dafür mehr auf ihre Angebote an die Wähler zu setzen. Vor allem beim Thema Frauenrechte und Abtreibung ist sie weit voraus. Sich im Wahlkampf mehr auf Inhalte als auf den Gegner zu konzentrieren, wäre ein starkes Zeichen gegen die extreme Spaltung in dem Land – und genau das haben die USA heute nötiger denn je. Kathrin.Braun@ovb.net