Seit Großbritannien seinen Ruanda-Plan beerdigt hat, richten sich alle Blicke gespannt auf das Albanien-Experiment der Rechts-Regierung in Rom. Bis zu 3000 (ausnahmslos männliche) Migranten sollen gleichzeitig auf albanischem Boden italienische Asylverfahren durchlaufen und binnen Wochen wissen, ob sie Einlass in die EU bekommen oder nicht. Das System soll ordnen und abschrecken zugleich, manche sehen in ihm einen Asyl-Schlüssel. Aber: Vorsicht vor zu hohen Erwartungen.
Neue Wege zu gehen, um die illegale Migration in den Griff zu bekommen und vor allem das Sterben auf der Flucht zu beenden, ist geboten. Und anders, als es manche NGO behauptet, liegt der Drittstaaten-Idee grundsätzlich ein humaner Impuls zugrunde: Berechtigte sollen schneller und gefahrloser Asyl erhalten, falsche Hoffnungen früher beendet und der Druck auf die Aufnahmegesellschaften gesenkt werden. Aber die Frage, ob Albanien die richtige Blaupause dafür ist, drängt sich auf. Das konkrete Konzept birgt jede Menge Unklarheiten, zwei stechen heraus: Was, wenn das Drehtürenprinzip, nach dem der ganze Prozess ablaufen soll, doch länger dauert als behauptet, das Lager also vollläuft? Und was passiert mit denen, die abgelehnt werden? Kümmern müsste sich natürlich Italien, das aber noch schlechter im Abschieben ist als wir. Selbst Albaniens williger Regierungschef fragte sich vor einiger Zeit in einem Interview, ob das alles so gut durchdacht ist wie behauptet.
Gut möglich also, dass das Albanien-Modell schnell an praktische Grenzen kommt und so eine Idee diskreditiert, die ihr Gutes hat. Sinnvoller wäre es, zuverlässige Partnerstaaten etwa in Afrika zu finden, die den Schutz Asylsuchender garantieren und ehrliche, rechtsstaatliche Verfahren ermöglichen. Das ist schwierig, keine Frage. Aber leichte Wege sind beim komplexen Thema Migration nicht zu haben. Marcus.Maeckler@ovb.net