Ist Kamala Harris Inderin oder Schwarze?

von Redaktion

Provokation im Wahlkampf: Trump zweifelt die afroamerikanische Identität seiner Rivalin an

Kämpferische Geste: Donald Trump spricht auf dem Kongress der National Association of Black Journalists (NABJ). © Arbogast/dpa

Chicago – Es ist eine Veranstaltung mit afroamerikanischen Journalisten in Chicago. Ausgerechnet hier setzt Donald Trump zur nächsten Attacke auf Kamala Harris an. Ausgerechnet hier stellt der republikanische Präsidentschaftskandidat die afroamerikanische Identität seiner Rivalin infrage. Harris habe sich immer als indisch beschrieben, doch „dann machte sie plötzlich eine Kehrtwende und wurde eine Schwarze“, sagte Trump.

Harris, die Tochter einer Krebsforscherin aus Indien und eines Ökonomen aus Jamaika, hat sich stets als sowohl indischstämmig als auch afroamerikanisch identifiziert. Studiert hat sie an der Howard University in Washington, einer traditionell afroamerikanischen Hochschule.

Trump behauptete nun jedoch, dass seine voraussichtliche Kontrahentin bei der Präsidentschaftswahl im November sich erst im späteren Verlauf ihrer Laufbahn als schwarz zu beschreiben begonnen habe, um sich politische Vorteile zu verschaffen. „Sie war immer indischer Abstammung und hat nur mit indischer Abstammung geworben“, sagte der Rechtspopulist bei der Veranstaltung der Nationalen Vereinigung schwarzer Journalisten (NABJ), „Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist“, bis Harris vor einigen Jahren „schwarz wurde“, fuhr Trump fort. „Also, ich weiß nicht, ist sie indisch oder ist sie schwarz?“ fragte Trump auch und fügte hinzu: „Ich respektiere beides, aber sie offensichtlich nicht.“

Harris verurteilte kurz darauf bei einem Auftritt im texanischen Houston die Aussagen ihres Kontrahenten als Versuch, die Spaltungen im Land anzuheizen. „Das amerikanische Volk verdient Besseres“, sagte sie. „Wir verdienen einen Anführer, der begreift, dass unsere Unterschiede uns nicht trennen, dass sie eine wesentliche Quelle unserer Stärke sind.“ Schärfer reagierte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre: Sie nannte Trumps Äußerungen „abstoßend“ und „beleidigend“. „Niemand hat das Recht, jemandem vorzuschreiben, wer er ist, wie er sich identifiziert“, sagte Jean-Pierre.

Harris ist die erste Frau sowie die erste Person afroamerikanischer und asiatischstämmiger Herkunft im Vizepräsidentenamt. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump mit provokativen Falschaussagen über die Herkunft eines politischen Gegners zu punkten versucht. So hatte er einst in Zweifel gezogen, dass Barack Obama, der erste schwarze Präsident der US-Geschichte, in den USA geboren wurde – was bedeutete, dass Obama nicht hätte Präsident werden dürfen. Der im US-Bundesstaat Hawaii geborene Obama sah sich damals unter dem Druck Trumps veranlasst, seine Geburtsurkunde zu veröffentlichen. Später zweifelte Trump dann die Echtheit dieses Dokuments an.

Im aktuellen Wahlkampf hatte Trump der Vizepräsidentin auch vorgeworfen, antisemitisch zu sein. Harris‘ Ehemann Doug Emhoff ist Jude.

Trumps Auftritt bei der NABJ verlief überaus hitzig. Zum Auftakt konfrontierte ihn die Journalistin Rachel Scott von ABC News mit seinen früheren diffamierenden Äußerungen über Afroamerikaner, wobei sie auch die von Trump gesäten Zweifel an Obamas US-Herkunft zitierte. Trump warf Scott daraufhin vor, seinen Auftritt auf „fürchterliche Weise“ und „rüde“ eingeleitet zu haben. Er behauptete dann auch, so viel für die schwarze Bevölkerung getan zu haben wie kein anderer US-Präsident seit Abraham Lincoln – dieser hatte 1863 die Sklaverei abgeschafft.

Trump hat Harris in den vergangenen Tagen auf unterschiedliche Weise attackiert. Er mokierte sich über ihr häufiges Lachen, bezeichnete sie als „verrückt“ und „radikale Linke“ und verbreitete die Falschbehauptung, sie wolle Neugeborene „hinrichten“ lassen.

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