KOMMENTARE

Putin und sein Mafia-Staat

von Redaktion

Der Gefangenenaustausch

Oft ist in diesen Zeiten vom „Rückfall in den Kalten Krieg“ die Rede. Doch der spektakuläre Gefangenenaustausch zeigt, wie sehr dieser Vergleich hinkt: Das jetzige Regime in Russland und Belarus steht moralisch noch weit unter den damaligen Sowjet-Regenten. Denn bei den berühmt-berüchtigten Austausch-Aktionen der 60er- und 70er-Jahre ging es tatsächlich darum, die gegenseitigen Spione freizubekommen.

Wladimir Putin hingegen lässt willkürlich unschuldige Journalisten oder Sportler festnehmen, um sie gegen einen kaltblütigen Staats-Killer auszutauschen. Während Moskau-Korrespondenten in Sowjetzeiten zwar unter schwierigen, aber weitgehend verlässlichen Bedingungen arbeiten konnten, ist heute kein Reporter mehr vor der Willkür des Kreml sicher.

Das, was russische Oppositionelle sagen, beweist sich an diesem Beispiel: Anders als seine Sowjet-Vorgänger ist Putin nicht der Vertreter einer Ideologie, sondern schlicht der Pate eines Mafia-Staats. Ein Pate, der schnell noch seinen ärgsten Feind, Alexej Nawalny, töten lässt, um so seinen dem Westen offenbar schon zugesagten Austausch zu verhindern. Ein Pate, der seine Auftragsmörder ehrenwert schützt. Und von seinem Mann fürs Grobe, Dmitri Medwedew, den eben freigelassenen Oppositionellen neue Morddrohungen hinterherschicken lässt. Denn der Vendetta soll kein Abtrünniger entkommen.

Die bittere Pointe bei all dem: Der Westen, auch die Ukraine, kommt nicht umhin, mit diesen skrupellosen Putins und Lukaschenkos verhandeln zu müssen. Egal, ob es um die Freilassung der 16 westlichen Putin-Geiseln geht – denn das Schicksal von Unschuldigen wie Wladimir Kara-Mursa oder Evan Gershkovich ist den hohen Preis eines moralisch fragwürdigen Deals wert. Aber auch wenn es um die Zukunft der Ukraine geht, wird irgendwann mit Putin geredet werden müssen. Nur: Wer naiv à la Sahra Wagenknecht glaubt, mit Putin lasse sich einfach so über Frieden verhandeln, der irrt. Wenn dieser Willkürherrscher die Gegenseite für schwach hält, wird er sie zerdrücken. Allein aus militärischer Stärke heraus lassen sich mit Putin ernsthafte Gespräche führen. Klaus.Rimpel@ovb.net

Artikel 1 von 11