Das eben erst überwunden geglaubte Gezerre um die Milliarden im Bundeshaushalt beginnt von vorn – und schon kommen wieder neue Ideen, wie man die Schuldenbremse umgehen könnte. Als Allzweckwaffe dienen die „Sondervermögen“. Angefangen hatte damit der Bundeskanzler persönlich. Sein Sondervermögen für die Bundeswehr schien – aus der Not des russischen Überfalls geboren – wie ein geschickter Schachzug, um die Bundeswehr kampftauglich zu machen. Mal abgesehen von der Frage, ob dieses Vorgehen erfolgreich war: Seitdem sehen Politiker in Sondervermögen das Allheilmittel aller Finanzsorgen. Es wird zum Unwort des Jahres.
Wir erinnern uns: Saskia Esken (SPD) wollte ein Sondervermögen für Bildung. Robert Habeck (Grüne) lobte den BDI-Vorschlag eines Sondervermögens für Wachstum. Der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz bräuchte eines für innere und äußere Sicherheit. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will ein Sondervermögen für die Bahn, dafür plädiert nun auch sein Kollege aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann. Und, ach ja, bitte noch eines für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Nicht zu vergessen: Reiner Haseloff (CDU-Regierungschef in Sachsen-Anhalt) mit seinem Sondervermögen für Infrastruktur.
Genug jetzt! Ja, in all diesen Bereichen gibt es Probleme, Investitionen werden seit Jahren verschleppt. Doch die Idee der Schuldenbremse war, die laufenden Kosten nicht den künftigen Generationen aufzubürden. Investitionen in Straßen, Bahn, Verteidigung, Bildung oder Wirtschaft gehören dazu. Wer mehr investieren will, muss die Verwaltung verschlanken, Kostenbewusstsein entwickeln (114000 Euro für einen Flug des Kanzlers zu einem EM-Spiel!) und Ausgaben priorisieren. Das ist kleinteilig und mühsam. Aber nicht so billig wie die ewigen Rufe nach neuen Schuldentöpfen. Mike.Schier@ovb.net