Corona: Wer sich jetzt impfen soll

von Redaktion

Aus Abwasserproben kann eine Labor-Mitarbeiterin Rückschlüsse auf das Ausmaß der Corona-Infektionen ziehen. © Reinhardt/dpa

München – Ein neues Virus-Kürzel – und ein neuer Impfstoff: „Comirnaty JN1“ ist in der Europäischen Union seit Anfang Juli zugelassen. Seit gestern können Ärzte ihre Bestellungen für den neuen Corona-Impfstoff bei Apotheken abgeben. Und ab Montag soll die Impfung, die auf die seit Anfang 2024 dominierende Virus-Variante Omikron JN.1 angepasst ist, verfügbar sein. Aber ist Corona nicht längst Vergangenheit? „Nein, keinesfalls!“, sagt Professor Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar/TU München. „Zuletzt gab es eine für die Sommermonate ungewöhnliche Häufung von Atemwegsinfektionen, es waren im Juli bis zu fünf Millionen Menschen zugleich erkrankt.“ Auch wenn die Zahlen derzeit sinken: „Covid-19 ist weiter mitten unter uns“.

Auffrischung für Ältere im Herbst

Nach wie vor sind auch Todesfälle durch Corona zu beklagen. „Allein in der vergangenen Woche wurden 69 neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 ans Robert-Koch-Institut übermittelt, wobei 96 Prozent dieser Verstorbenen über 60 Jahre alt waren“, sagt Spinner. Ende Juli gab es nach Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI) rund 3,7 Millionen Atemwegserkrankungen in Deutschland. Eine Zahl, die laut Prof. Spinner deutlich über dem Niveau der meisten früheren Jahre im Sommer liege. Trotzdem seien nur relativ wenige Patienten mit schweren Atemwegsinfektionen im Krankenhaus. Seit Mitte Mai registrierte das Institut einen steigenden Trend bei der Covid-19-Inzidenz. In der 30. Kalenderwoche (vom 22. bis 28. Juli) wurden rund 800 Covid-19-Erkrankungen pro 100000 Einwohner festgestellt.

Besonders gefährdet sind weiterhin vor allem ältere Patienten über 60, chronisch Kranke und Menschen mit Erkrankungen des Immunsystems. „Sie sollten sich jährlich – idealerweise im Herbst – mit dem aktuellen Covid-19-Impfstoff schützen beziehungsweise ihren Impfschutz auffrischen lassen“, rät der Mediziner. Die meisten Menschen könnten diese Immunisierung auch mit einer Grippe-(Influenza-)Auffrischung verbinden. Außerdem habe die Ständige Impfkommission (Stiko) in der vergangenen Woche für chronisch Kranke ab 60 Jahren und für alle Menschen ab 75 Jahren auch eine RSV-Impfung (RSV steht für Respiratorisches Synzytial-Virus) empfohlen. Auch diese könne mit den anderen Impfungen kombiniert werden.

Erkältete sollten Masken tragen

Wer an Symptomen einer Atemwegsinfektion leidet, sollte nach Empfehlung des Mediziners die Öffentlichkeit meiden. In Arztpraxen sollten diese Patienten aus Rücksicht Maske tragen. Coronatest legt Spinner den Patienten ans Herz, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Bei einem positiven Test könne ein Arzt dann eine spezielle antivirale Therapie beginnen. „Diese muss in der ersten Woche nach Symptombeginn starten und kann das Risiko für einen schweren Verlauf reduzieren.“

Impfungen schützen laut Spinner nicht nur vor einer symptomatischen Erkrankung und einem schweren Verlauf – es gebe auch Hinweise darauf, dass sie die Wahrscheinlichkeit von Long-Covid-19 und Post-Covid-19 reduzieren. „Ein Grund mehr, seinen Impfschutz jährlich auffrischen zu lassen.“

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sorgt sich wegen zunehmender Corona-Infektionen um Risikogruppen. Die Impfraten für ältere Menschen und das Gesundheitspersonal seien besorgniserregend zurückgegangen und hätten ein miserables Niveau erreicht, sagte WHO-Expertin Maria Van Kerkhove in Genf. „Wir brauchen hier dringend eine Trendwende.“ Über zehn Prozent aller Corona-Tests seien derzeit positiv, in Europa sogar über 20 Prozent.

Der neue Impfstoff ist in drei Dosierungen erhältlich: für Säuglinge und Kleinkinder von sechs Monaten bis vier Jahren, für Kinder zwischen fünf und elf Jahren und für Menschen ab zwölf Jahren. Jetzt im Sommer ist die Nachfrage nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) aber noch gering. Im Herbst dürfte das Interesse wieder anziehen. Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit des neuen Impfstoffs sieht Peter Sandmann, Pressesprecher der Apotheker in München, derzeit nicht. Lieferprobleme seien schon länger nicht mehr an der Tagesordnung.

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