Nach dem Messermord in Mannheim: Polizisten und Rettungskräfte nehmen im Juni Abschied vom getöteten Kollegen. © Uwe Anspach
München/Berlin – Die Taten machen inzwischen große Schlagzeilen: In zahlreichen Städten sind in den letzten Wochen Gewaltdelikte mit Messern gemeldet worden. Vor allem an Bahnhöfen häufen sich Delikte, berichtet die Bundespolizei, die für diese Orte zuständig ist. Sie zählte von Januar bis Juni bereits 430 Fälle im Vergleich zu 777 im Jahr 2023. Im gesamten Gebiet, also auch jenseits der Bahnhöfe, erfasst die Polizeistatistik des vergangenen Jahres 8951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen – ein Anstieg um 5,6 Prozent. „Die Zunahme an Messerdelikten in den letzten Jahren ist besorgniserregend“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unserer Zeitung.
Auch über die Nationalitäten wird inzwischen klar gesprochen. Die „Bild am Sonntag“ zitiert aus der Bundespolizei-Statistik. Von den Tätern, die ermittelt werden konnten, hat demnach die Hälfte keinen deutschen Pass. 129 seien in der Statistik als „nicht deutsch“ geführt worden, 121 als „deutsch“, hieß es. Die meisten nichtdeutschen Täter kamen demnach aus Afghanistan, Algerien, Marokko sowie Polen, Syrien und der Türkei.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigt nun „in Kürze“ Vorschläge für eine Gesetzesverschärfung an. Im neuen Waffenrecht werde sie „den Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter einschränken“. Ausnahmen sollten lediglich für Haushaltsmesser „in geschlossenen Behältnissen nach dem Kauf“ gelten. In der Öffentlichkeit sollen Messer „nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mit sich geführt werden dürfen“, sagte die Ministerin. „Für gefährliche Springmesser wollen wir ein generelles Umgangsverbot schaffen.“
Neu ist die Idee nicht. Die Innenminister der Länder, die für ihre Polizei verantwortlich sind, aber nicht für den Rechtsrahmen, fordern vom Bund nach einer Reihe von Messerattacken seit Monaten Verschärfungen, mehr Polizei-Befugnisse und bessere Maßnahmen gegen Wiederholungs- und Intensivtäter. Dennoch sind Faesers Detailpläne umstritten. Von „Symbolpolitik“ spricht Bayerns Innenminister Herrmann. Schon jetzt dürften vielerorts „gefährliche Gegenstände“ nicht mitgeführt werden, „etwa an Schulen, bei Versammlungen und in Zügen der Deutschen Bahn. Dass weitere Messerverbote das Problem der Messerkriminalität lösen können, muss bezweifelt werden.“ Und: Auch mit kleinen Messern, Scheren oder Äxten könnten Menschen schwer verletzt werden.
Faeser irritiert zudem eine Gruppe, die mit Messerattacken überhaupt nichts zu tun hat: Trachtler und Gebirgsschützen wären von dieser Verschärfung auch betroffen, würden kriminalisiert. „Das geht meines Erachtens in die falsche Richtung“, sagt Martin Haberfellner, Landeshauptmann der Bayerischen Gebirgsschützen. „Das Messer, das in der Lederhose steckt, das ist ein Werkzeug und eigentlich ein Essbesteck. Das ist das Brotzeitmesser im Biergarten zum Radi-Aufschneiden und nicht um andere Leute zu verletzen“, sagt der aus Kochel (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) stammende oberste Gebirgsschütze. Zur Montur gehört neben dem Gewehr auch das Trachtenmesser, das seitlich in der Lederhose steckt. Und natürlich auch der Säbel.
Herrmann verlangt Ausnahmen
Bei einigen Großveranstaltungen dürfen Gebirgsschützen und Trachtler heute schon ihre Messer, die eine feststehende Klinge haben, nicht tragen. Etwa auf dem Münchner Oktoberfest. In Bayern ist derzeit das Tragen von Trachtenmessern grundsätzlich zulässig, wenn sie eine maximale Klingenlänge von zwölf Zentimetern nicht überschreiten.
„Wenn man meint, mit einem solchen Messerverbot kriminelle Handlungen verhindern zu können, dann halt ich das für blauäugig“, sagt Haberfellner. Das sei unsinniger Aktionismus. An der Sicherheitslage in Deutschland werde sich gar nichts ändern, „wenn wir stattdessen einen Schuhlöffel einstecken“. Immerhin: Bayerns Innenminister Herrmann sagt auf Nachfrage, er werde sich bei der Brauchtumspflege „für entsprechende Ausnahmen einsetzen“.