FDP will Entwicklungshilfe-Ministerium streichen

von Redaktion

„Enormer Zugewinn an Effizienz“ – Bisher überlebte das kleine Ressort allerdings jede Attacke

Posten verzichtbar? Ministerin Svenja Schulze 2022 in Kiew.

Berlin – Schon Konrad Adenauer hatte mit dem Haus Kummer. Der Kanzler, der 1961 das Ministerium für Entwicklungshilfe gründete, maunzte später mal, es sei eigentlich nur eine „Dorne ohne Rose“. Also: macht mehr Ärger als Freude. In der Folgezeit kam jedes Jahrzehnt einmal die Forderung auf, das Ministerium einzukassieren, wegzupacken ins viel größere, glänzendere Außenministerium. Jetzt ist es mal wieder so weit: FDP-Politiker fordern, das Entwicklungsministerium abzuschaffen.

Mittelfristig solle es „kein eigenständiges Ressort mehr sein, sondern mit seinen erheblichen Ressourcen als Instrument der Außenpolitik verstanden und konsequenterweise ins Auswärtige Amt eingegliedert werden“, heißt es in einem Papier der Bundestagsfraktion, das die Nachrichtenseite „Politico“ veröffentlicht hat. In allen anderen Staaten der EU und auch der G7 sei das so. „Der Zugewinn an Effektivität und Effizienz wäre enorm.“

Geschrieben haben das Papier die Abgeordneten Michael Link (Außenpolitik) und Otto Fricke (Finanzen), sie tauften es eine „Argumentationshilfe“ und schickten es an alle Kollegen. Die Parteispitze ist offiziell nicht Absender, wusste aber laut „Politico“ über alle Schritte Bescheid. Es passt in die FDP-Strategie der letzten Tage, mit kontroversen, nicht mehrheitsfähigen Vorschlägen Schlagzeilen zu machen. Und es unterstützt Finanzminister Christian Lindner in seinem Bestreben, den Ministerkollegen ein paar Euro abzutrotzen.

Bisher hat das Ministerium jede Attacke überlebt. Kleine Auswahl: Zur Wahl 1994 stellte die SPD ein Schattenkabinett auf, aber keinen Entwicklungsminister. Im folgenden Jahrzehnt unternahm die FDP mehrfach Vorstöße zur Abschaffung. Das endete etwas anders als erwartet: 2009 wurde FDP-Mann Dirk Niebel Entwicklungsminister. „Der Bock als Gärtner“, schimpften die Grünen. Aber: Der Entwicklungsminister entwickelte sich – zumindest während seiner Amtszeit zum Befürworter eines reformierten Ressorts. Inzwischen findet Niebel, es gehe beides, Abschaffung oder Integration ins Außenamt.

Niebel verrät gegenüber „Politico“ übrigens den Grund, warum das Ministerium immer überlebte. Er zitiert Ex-Kanzlerin Angela Merkel: „Merkel hat uns gesagt: Ich lege mich doch nicht mit 2500 Nichtregierungsorganisationen und beiden Kirchen an.“ Kaum zu erwarten, dass ein Kanzler Scholz das heute anders sieht, zumal seine SPD mit Svenja Schulze die zuständige Ministerin stellt. Es heißt übrigens seit 1994 offiziell „BMZ“, Z steht für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Etat aktuell gut zehn Milliarden Euro, 1150 Mitarbeiter im Inland.

Die FDP trifft mit dem aktuellen Vorstoß aber bei Teilen der Bevölkerung einen Nerv. Die Ausgaben für Entwicklungshilfe sind ins Gerede gekommen. Mal wurden Kürzungen für heimische Bauern unter anderem von der Union gegengerechnet, dann über deutsche Radwegförderung in Peru geschimpft, ein von einem CSU-Minister begonnenes Projekt aus 20 Millionen Euro Förderung und Krediten in ähnlicher Dimension. Auch über Gender-Trainings in China wird gespottet, aus BMZ-Mitteln finanziert, aber in diesem Fall über den Umweg der Kirchen. Sehr scharfe Kritik gibt es zudem an deutschen Millionen für das Palästinenserhilfswerk UNRWA, das eng mit der Hamas verflochten ist.
CD

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