Viel Eifer, wenig Sorgfalt

von Redaktion

Gericht zu „Compact“-Verbot

Fast nonchalant kommentiert die Innenministerin ihre juristische Klatsche: Man habe jetzt halt mal in Teilen verloren, sagt Nancy Faeser und meint eigentlich: Hier gibt‘s nichts zu sehen, gehen Sie weiter. So einfach ist es aber nicht. Dass ein Gericht das Verbot des rechtsextremen „Compact“-Magazins (vorläufig) kassieren würde, konnte man ahnen. Auch wenn die Richter interessanterweise das Vereinsgesetz als Basis gelten lassen, war die Beweisführung des Ministeriums für die Verfassungsfeindlichkeit des Magazins offenbar nicht stichhaltig genug. Schon der Hinweis der Richter, es hätte auch mildere Mittel gegeben, deutet darauf hin, dass Faesers Versuch ein mit viel Eifer und wenig Sorgfalt abgefeuerter Schnellschuss war. Sie wollte das Verbot unbedingt – stattdessen hat sie die „Compact“-Macher und ihr Schund-Magazin bundesweit bekannt gemacht.

Nicht falsch verstehen: Die Entscheidung, so peinlich sie für Faeser ist, ist kein Persilschein für das Medium und seinen von ganz links auf ganz rechts gedrehten Chef Jürgen Elsässer. Auch die Richter stellen in vielen Beiträgen eine „kämpferisch-aggressive Haltung“ fest, sehen Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde. Das und anderes spricht dafür, den als Journalismus getarnten „Compact“-Aktivismus nicht einfach schulterzuckend hinzunehmen. Aber die Innenministerin hat versucht, auf einem so sensiblen Feld wie der Presse- und Meinungsfreiheit mit dem Holzhammer für Ordnung zu sorgen – und hat dabei ihre (womöglich guten) Absichten gleich mitabgeräumt. Vorläufig, jedenfalls bis zum Hauptsacheverfahren, jubelt Elsässer. Und mit ihm auch die AfD. Marcus.Maeckler@ovb.net

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