WIE ICH ES SEHE

Meine Fundgruben-Geschichte aus dem Urlaub

von Redaktion

Porzellandamen mit blauem Lavendel.

Etwas zu finden, was man gar nicht gesucht hat, das gehört zu den kleinen Freuden unseres täglichen Lebens. Noch schöner ist es, wenn man dabei auch etwas lernen und seinen Horizont erweitern kann.

So ging es uns in diesem Sommerurlaub auf der kleinen Nordsee-Insel Juist. Der Antikenhändler dort hatte schließen müssen. Wenige verbliebene Stücke wurden beinahe verschenkt. Darunter die Porzellangruppe einer jungen Frau mit zwei Töchtern. Jede hat einen Korb mit blauem Lavendel auf dem Arm. Beschriftet ist das Figurenensemble aus dem 19. Jahrhundert mit den Worten: „Yardley´s Old English LAVENDER“.

Unsere Neugier war geweckt und weil ja Google immer dabei ist, auch im Urlaub, erfuhr ich schnell, dass Yardley schon seit 1770 eine englische Fabrik für Parfüme, Seifen, Öle und von Kosmetika ist, alles auf der Basis von englischem Lavendel. Der hat große Tradition. Lavendel wird schon bei Shakespeare im Wintermärchen gepriesen und ebenso bei John Keats.

Der Firmengründer William Yardley hat seine Produkte schon 1851 in der berühmten Londoner Weltausstellung im Glaspalast präsentieren können.

Noch heute blüht die Marke. Königin Elisabeth II. hat Yardley zum offiziellen Hoflieferanten für Kosmetikprodukte ernannt. Mitglieder der königlichen Familie gehörten immer schon zu den Kunden.

Werbung für Yardleys Lavendelprodukte war auch der Zweck der von mir entdeckten reizenden Porzellangruppe. Solche Figuren standen weltweit in Läden, in denen Yardleys Kosmetika angeboten wurden.

Diese Porzellandamen sind sozusagen die historischen Vorläufer einer Twiggy oder einer Linda Evangelista, mit denen das moderne Yardley Fernsehwerbung gemacht hat.

Die Gruppe ist auch ein Beispiel dafür, wie schon im 19. Jahrhundert die Weltwirtschaft funktionieren konnte. Unter dem Figurenensemble ist nämlich als Herstellungsort Dresden vermerkt. Nicht das berühmte Meißen, aber doch ein Porzellan, das offenbar in größeren Mengen in Dresden hergestellt wurde. Mr. Yardley oder seine Nachfolger haben sich also damals entschieden, Dresdner Porzellan für ihre Werbefiguren einzusetzen, obwohl es in England bedeutende Porzellanhersteller gab, ganz zu schweigen vom Porzellan-Import aus China. Anzunehmen ist, dass einfach die beste Leistung zum besten Preis entschieden hat. Dresdener Porzellan war ja auf der ganzen Welt anerkannt als das „weiße Gold“ aus Sachsen.

Die zufällig auf der Reise gefundene Porzellangruppe mit Werbung für „Yardley`s Old English LAVENDER“ hat uns die Augen geöffnet für drei Lebenserscheinungen: Den Wandel in der Werbung mit weiblicher Schönheit von der Porzellanfigur zu den Fernsehstars. Die Dauerhaftigkeit einer Marke mit dem Namen eines Gründers, der längst entschwunden ist. Und schließlich das Glück, wie im Märchen etwas zu finden, das man gar nicht gesucht hat.

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